Eine demokratische Entscheidungsfindung über einen Teil der Schuljahresthemen
Unterrichtssequenz in Anlehnung an 2.3. Wertschätzung und RespektVorbemerkung
Immer wieder stellen sich Lehrkräfte die Frage, wie sie ihre Schülerinnen und Schüler aktiv an der Verteilung und inhaltlichen Konkretisierung der zu unterrichtenden inhaltsbezogenen Kompetenzen teilhaben lassen können. Anders formuliert: Wie können Lernende ihre (gewohnte) Rolle als Objekt des Unterrichts stärker als Subjekt wahrnehmen?
Grundsätzlich werden die Inhalte in Gemeinschaftskunde durch den Bildungsplan bestimmt und die einzelnen Schulen haben eigentlich lediglich die Option, die inhaltsbezogenen Kompetenzen der Jahrgangsstufen 8 bis 10 im Zuge der Erstellung eines Schulcurriculums auf die Schuljahre zu verteilen. Dabei gibt es die Möglichkeit die Ausrichtung der Themen nicht über die Köpfe der Schülerinnen und Schüler hinweg entscheiden, sondern im gemeinsamen Dialog festlegen.
Eine Möglichkeit, dies umzusetzen, wird im Folgenden dargestellt.
Einstieg
Beispielhafter Themenüberblick
Zuwanderung nach Deutschland
Die Schülerinnen und Schüler können Antworten auf die Fragen finden, wie die Gesellschaft Deutschlands zusammengesetzt ist, welche Bedeutung die Zuwanderung für Deutschland hat und wie die Zuwanderungspolitik gestaltet werden soll.
Aufgaben und Probleme des Sozialstaats
Die Schülerinnen und Schüler können Antworten auf die Fragen finden, wie das Sozi alstaatsgebot des Grundgesetzes formuliert ist, welche unterschiedlichen Vorstellungen es zur Umsetzung des Sozialstaatsgebots gibt und wie der Sozialstaat ausgestaltet ist
Grundrechte
Die Schülerinnen und Schüler können Antworten auf die Fragen finden, welche rechtlichen Regelungen es zum Schutz der Grund rechte gibt und welche Bedeutung Grundrechte für das Zusammenleben in Deutschland und für den Einzelnen haben.
Quelle: Kompetenzbeschreibungen des Bildungsplans Gemeinschaftskunde für die gymnasiale Mittelstufe, gekürzt um Basiskonzepte)
Die Lehrkraft stellt die für einen Teil des Schuljahres vorgesehenen Themen der Klasse kurz vor. Das Beispiel zeigt eine Themenauswahl einer neunten Klasse.
Erarbeitung
Die Klasse wird in Kleingruppen zu je drei Schülerinnen oder Schülern eingeteilt und jede Kleingruppe bekommt eines der geplanten Themen. Dazu wird folgender Arbeitsauftrag gestellt:
Blick auf das Schuljahr
Arbeitsauftrag
- Einzelarbeit :Notiert zu eurem Thema Fragen, die euch interessieren (blau) und dazu passende aktuelle Themen aus den Nachrichten (grün). Das notiert jeder in seinem eigenen Feld.
- Gruppenarbeit: Einigt euch nun auf die besten Fragen und spannendsten aktuellen Themen und notiert diese im Gemeinschaftsfeld B.

Präsentation
Da die Themen mehrfach verteilt wurden, ist es sinnvoll, die Ergebnisse zu visualisieren und/ oder durch die Schülerinnen und Schüler vorstellen zu lassen. Dadurch werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede innerhalb der Themen sichtbar gemacht.
Die Lehrkraft oder eine ausgewählte Gruppe aus Lernenden sichtet im Anschluss noch einmal in Ruhe die Ergebnisse und fasst diese auf einem Übersichtsblatt zusammen, sodass die gesammelten Fragen und aktuellen Beispiele die jeweiligen Themen begleiten können. Das könnte auch digital zum Beispiel auf einer TaskCard erfolgen.
Dies könnte so aussehen:
Thema |
Unsere Fragen |
Spannende aktuelle Themen |
|---|---|---|
Zuwanderung nach Deutschland |
… |
|
Aufgaben und Probleme des Sozialstaates |
… |
|
Grundrechte |
… |
|
Ranking
Auch die Reihenfolge der einzelnen Themen im Verlauf des Schuljahres kann im Austausch mit der jeweiligen Klasse geklärt werden. Indem die Lernenden abstimmen oder Klebepunkte anbringen, werden sie in die Entscheidung über die Reihenfolge der Themen miteinbezogen.
Fazit
Ist die Reihenfolge geklärt, dann kann mit dem Thema, welches am höchsten im Ranking steht, begonnen werden.
Im Abgleich mit den inhaltsbezogenen Kompetenzen werden die von den Schülerinnen und Schüler formulierten Fragen in die jeweiligen Stundenthemen eingebettet. Die jeweils genannten aktuellen Themen können die zur Planung notwendige exemplarische Grundlage bilden oder zur Vertiefung in der Transferphase genutzt werden. Das erstellte (digitale) Dokument mit den gesammelten Fragen wird als Begleitdokument für die Einheit genutzt. Die Erfahrung zeigt, dass dies in einigen Fällen gut umsetzbar ist. Sollten Fragen dabei sein, die sich gar nicht mit den im Bildungsplan genannten Kompetenzen verknüpfen lassen, so kann man diese auch am Ende der Unterrichtssequenz aufgreifen und mit der Klasse thematisieren.
Kommentar
Damit Bildungsplanthemen zu Themen der Schülerinnen und Schüler werden können, erscheint ein partizipativer Ansatz unerlässlich. Dieser fördert auch die Demokratiebildung im Kontext des Demokratielernens.
Auch wenn der Bildungsplan den thematischen Rahmen vorgibt, so sollte die Lehrkraft der jeweiligen Klasse die Möglichkeit eröffnen, den Themen eine individuelle Ausprägung zu verpassen. Gelingt dies, dann steigen die Chancen auf eine erhöhte Motivation, weil sich die Lernenden stärker involviert erleben und sich in den Themen besser wieder finden.
Indem die Lehrkraft den Jugendlichen zutraut, zielführende Fragen an die zu behandelnden Themen zu stellen und exemplarische Schwerpunktsetzungen vorzunehmen, beweist sie Wertschätzung. Die Schülerinnen und Schüler nehmen dabei eine andere Rolle ein als das (zu) häufig belehrte Objekt. Ihnen werden Freiräume zugestanden, die sie nach ihren Vorstellungen gestalten können.
Ebenso können sie bezüglich der methodischen Umsetzung und der Auswahl der Sozialformen in die Unterrichtsgestaltung eingebunden werden.
Eine demokratische Entscheidungsfindung über Schuljahresthemen: Herunterladen (nicht barrierefrei) [docx][41 KB]
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