1.3. Herausfordernde Aufgaben und Fragen
Im Unterricht wird mit Fragen und Aufgaben gearbeitet, die Schülerinnen und Schüler zur vertieften Auseinandersetzung mit den Inhalten herausfordern.
Einstiegsaufgabe mit herausfordernden Fragen
Bereits mit der folgenden Einstiegsaufgabe stellt die Lehrkraft Aufgaben, die nicht mit „ja“ oder „nein“ beantwortbar sind und die über die reine Reproduktion von auswendig gelerntem Wissen hinausgehen.
Einstiegsaufgabe
Ergänze in der tabellarischen Übersicht die Ableitungen der Funktionen u und v, die Funktion f mit
und deren Ableitung.Funktionen u und v
Ableitungsfunktionen u‘ und v‘
Funktion
mit
und deren Ableitungsfunktion 




- Formuliere eine Gesetzmäßigkeit zur Ableitung von Produkten.
(Anmerkung: Optimal für diese Einstiegsaufgabe ist eine sechsspaltige Tabelle mit je einer Spalte für
und
. Dies ist aber in diesem Dokument, für das eine einheitliche barrierefreie Vorlage verwendet wird, nicht möglich.)
Auf Basis ihres Vorwissens wird in dieser Einstiegsaufgabe von den Lernenden verlangt, eine eigene Lösungsidee zum Ableiten von Produkten von Funktionen zu entwickeln. Für schnell arbeitende Schülerinnen und Schüler bietet die letzte Zeile mit
und
eine weitere angemessene Herausforderung.
Verschiedene Bearbeitungsvarianten und der konstruktive Umgang damit
Bei Aufgabenteil a) kann es unterschiedliche Bearbeitungen von Lernenden geben, hier dargestellt an der zweiten Teilaufgabe mit den Funktionen
und
mit
und ![]()
Bearbeitungsvariante 1:
| Funktionen u und v | Ableitungsfunktionen u‘ und v‘ |
Funktion |
|---|---|---|
|
|
|
Bearbeitungsvariante 2:
| Funktionen u und v | Ableitungsfunktionen u‘ und v‘ |
Funktion |
|---|---|---|
|
|
|
Bearbeitungsvariante 3:
| Funktionen u und v | Ableitungsfunktionen u‘ und v‘ |
Funktion |
|---|---|---|
|
|
|
(Natürlich sind noch viele weitere Varianten möglich.) Wenn sich die Lehrkraft durch Herumgehen Eindrücke von den Lösungen verschafft, kann sie solche Varianten identifizieren, präsentieren lassen und die Schülerinnen und Schüler auffordern, die verschiedenen Lösungsideen zu überprüfen. Hier werden unterschiedliche Lösungen einander kontrastierend gegenübergestellt. Die Lernenden können nun selbst fehlerhaftes Vorgehen identifizieren und korrigieren. In dieser Phase kann die Lehrkraft widersprüchliche Sachverhalte klar darstellen (lassen).
Die Herausforderung der Überprüfung einer Vermutung
Bei obigen Funktionsbeispielen können Schülerinnen und Schüler rechnerisch argumentieren, bei beliebigen Produkten von Funktionen geht das nicht ohne Kenntnis der Produktregel. Sollte die Produktregel an solchen Beispielen überprüft werden (zum Beispiel an
mit
), können digitale Hilfsmittel wie Plotter von Funktionsgraphen eingesetzt werden, mit denen die Überprüfung anhand der Graphen der Funktionen stattfindet. Auch dies ist eine herausfordernde Aufgabe, da Schülerinnen und Schülern zunächst klar werden muss, welche Funktionsgraphen sie vergleichen müssen.
Dieser komplette Prozess sollte davon geprägt sein, dass die Lehrkraft die Schülerinnen und Schüler anhält, ihre Vermutungen zu begründen, ihre Widerlegungen zu formulieren und zu belegen. Sie werden also zu Selbsterklärungen angehalten und übernehmen selbst die Rolle der Lehrkraft.
Haben Schülerinnen oder Schüler eine Regel entdeckt, so sollte die Lehrkraft sie dazu auffordern, der Lerngruppe ihren Findungsprozess zu schildern. Wesentlich für einen solchen Diskurs zur Produktregel ist, dass die Schülerinnen und Schüler anhand des Einstiegs eine oder mehrere Vermutungen zum Ableiten von Produkten äußern. Für den Fall, dass hierzu keine Ideen entwickelt werden, ist es zentral, dass die Lehrkraft gute Fragen stellt, die zum strategischen Weiterdenken und Finden der Regel anregen. Liegt die ausgefüllte Tabelle vor, so ergeben sich - bei korrekter Bearbeitung - aus Zeile 2 folgende Daten (siehe obige Variante 2):
| Funktionen u und v | Ableitungsfunktionen u‘ und v‘ |
Funktion |
|---|---|---|
|
|
|
Ein Unterrichtsgespräch zum Finden der Produktregel sollte idealerweise so gestaltet sein, dass die Lehrkraft Fragen stellt, die die Schülerinnen und Schüler zum Gespräch untereinander und Weiterdenken anregt. Dazu sollte zum einen der Exponent (also 7), zum anderen der Vorfaktor (also 8) in den Blick genommen werden.
Mögliche Denkanstöße oder Fragen durch die Lehrkraft:
- Da das Multiplizieren kommutativ ist, ist es völlig gleichgültig, welche der beiden Funktionen wir mit
und welche wir mit
bezeichnen. Beide Funktionen müssen gleichermaßen in die Ableitung des Produkts eingehen. - Wie lassen sich die Funktionen
so kombinieren, dass die Hochzahl 7 entsteht? - Wir kennen nun eine Möglichkeit, wie wir die Funktionen kombinieren können, um die passende Hochzahl zu erhalten. Wie können wir diese Bestandteile kombinieren, damit wir nun auch den passenden Vorfaktor finden?
Nach jedem Gesprächsteil kann man den Lernenden die Gelegenheit geben, eine gefundene Möglichkeit anhand der weiteren Beispiele in der Tabelle zu überprüfen. (Beachtet man, dass die Funktionen
und
gleichermaßen in die Ableitung eingehen und der Exponent 7 entstehen muss, bleibt eigentlich nur, die Funktion u (Exponent: 3) mit der Ableitungsfunktion
(Exponent: 4) und die Funktion
(Exponent: 5) mit der Ableitungsfunktion
(Exponent: 2) zu multiplizieren. Hat man dann die Produkte
und
ist es nahezu offensichtlich, dass die Summe dieser Terme die Ableitung der Funktion f ergibt.)
Anhand der Potenzfunktionen als Beispiele kann so die Produktregel entdeckt werden. Es bleibt noch offen, ob sie auch für Produkte anderer Funktionstypen gilt. Eine beispielhafte Überprüfung (zum Beispiel an
mit
) kann wie oben beschrieben auch graphisch mit digitalen Hilfsmitteln stattfinden, was gleichzeitig in der Phase der Wissenskonsolidierung lernförderlich wirken kann.
Je nach Lerngruppe (Leistungs- oder Basisfach) folgt im weiteren Verlauf der Stunde ein formaler Beweis oder/und das Einüben und Festigen des Verfahrens.
Herausfordernde Aufgaben für die Übungsphase
Beim Einüben sollte es bereits in diesem frühen Stadium nicht nur um Vorwärts-Routinen (Produkte von Funktionen ableiten) gehen. Sobald diese grundsätzlich beherrscht werden, kann durch variantenreiche Aufgaben die kognitive Aktivierung weiter gesichert und damit eine größere Verarbeitungstiefe erreicht werden. Mögliche herausfordernde Aufgaben sind beispielsweise:
- Rückwärtsaufgaben, das heißt es ist zum Beispiel die Ableitung
von
und die Funktion
gegeben, gesucht ist eine Funktion
- Identifizieren, Beschreiben und Korrigieren von Fehlern in fehlerhaften Ableitungen von Produkten
- Zusammenstellen von Fehlern, die beim Ableiten von Produkten passieren können
Fachportal item 1.3: Herunterladen (nicht barrierefrei) [docx][59 KB]
Fachportal item 1.3: Herunterladen (nicht barrierefrei) [pdf][212 KB]
weiter zu 2.1. Qualität des Feedbacks