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„Gespräche“ mit Luther? KI-Personen-Chats im Geschichtsunterricht

Kann man durch KI mit längst verstorben historischen Persönlichkeiten wie Marc Aurel, Martin Luther, oder Napoleon Bonaparte chatten bzw. Gespräche führen? Apps wie hellohistory.ai, character.ai oder whatplugin.ai versprechen diesbezüglich „life-like conversations“. Inzwischen boomt der Markt, es gibt über 30 Tools dieser Art, nahezu alle historischen Gesprächspartner sind möglich – auch Jesus, Joseph Goebbels oder Adolf Hitler, denn fehlende können teilweise selbst angelegt werden. Und während die meisten historischen Chatpartner kostenlos verfügbar sind, wird für besonders gefragte Figuren teilweise zu Kasse gebeten. Zur umworbenen Zielgruppe gehören dabei explizit auch Lernende und Lehrkräfte.

Der Impuls „Gespräche“ mit Luther? KI-Personen-Chats im Geschichtsunterricht“ beleuchtet zunächst die Funktionsweise solcher Tools und der im Hintergrund agierenden Large Language Models. Daraufhin wird die Debatte in den internationalen Medien und der Geschichtsdidaktik über KI-Personen-Chats skizziert, welche zunehmend kritisch geführt wird. Denn die Tools bergen erhebliche Gefahren, die mit einem naiven Konsum einhergehen: Nicht nur schleichen sich „Halluzinationen“ der KI ein, sondern es wird häufig auch eine faktisch nicht gegebene Authentizität der Kommunikation suggeriert, anstatt auf deren fiktionalen Status aufmerksam zu machen. Auch führen Filter, die die Äußerungen im Chat an gegenwärtige moralische Vorstellungen und Werte anpassen, zu gravierenden Abweichungen von der historischen Überlieferung. So ist es möglich, dass beispielsweise Martin Luther den frühneuzeitlichen Hexenglauben als historische Verfehlung verurteilt oder Adolf Eichmann sich für den Holocaust entschuldigt. Somit gefährden KI-Personen-Chats ohne angemessen kritische Reflexion das historische Lernen und sollten aufgrund ihrer inzwischen großen Verbreitung Gegenstand des Geschichtsunterrichts werden, um die Lernenden zu einem angemessenen Umgang zu befähigen.

Der Impuls stellt dazu drei Verlaufsvarianten einer reflektierten und im Hinblick auf Medienbildung und historische Methodenkompetenz zielführenden Nutzung von KI-Personen-Chats im Geschichtsunterricht vor und legt dabei Möglichkeiten der technischen Umsetzung – auch mit datenschutzfreundlichen Tools – dar. Die drei Varianten werden hierbei jeweils am praktischen Beispiel der Behandlung Martin Luthers veranschaulicht.

Literaturhinweise

  • Wolf, Manfred (2004): Eine Frage noch, Herr Luther … Interview mit einem Ketzer, Berlin.
  • Mayer, Thomas (2023): Chatten mit historischen Persönlichkeiten. Kompetenzcheck mit ChatGPT, in: Geschichte Lernen 213, S. 62 f.
  • Held, Oliver (2024): Chat GPT im Geschichtsunterricht, Frankfurt/M. 2024.
  • Muhler, Christoph (2024): Quellenproblematik in Zeiten von KI. Inwieweit verändert KI den Umgang mit „Quellen“ im Geschichtsunterricht?, in: Geschichte Lernen 221, S. 60-63.
  • Bräuer, Benjamin/ Hellberg, Florian/ Mussler, Nora (2024): Kompetenter Umgang mit KI. Perspektivität in einer KI-generierten Rede zur Industrialisierung analysieren, in: Geschichte Lernen 222, S. 59-61.

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