Ämterlosung – Klasse 6 (G8) bzw. Klasse 7 (G9)
Klasse 6 (G8) bzw. Klasse 7 (G9)
Bildungsplanbezug:
3.1.3 Griechisch-römische Antike – Zusammenleben in der Polis und im Imperium
(2) die Möglichkeiten der politischen Teilhabe in der athenischen Demokratie erläutern und bewerten (… Demokratie: Bürger, Volksversammlung, Wahl, Losverfahren)
Thema: Attische Demokratie, „Anspiel“ zum Thema „Wie demokratisch war die attische Demokratie“ („Demokratiebildung“)
Unterrichtsgespräch (variable Gestaltung je nach Unterrichtssituation)
Variante: Schülerinnen und Schüler erhalten Rollenkärtchen mit verschiedenen Aussagen und lesen diese vor.
Lehrkraft: So, Leute, ihr habt sehr schön die Merkmale der ältesten Demokratie in Athen genannt. Wir hatten ja auch über das Auslosen von wichtigen Ämtern gesprochen: Das Auslosen der Ämter war ein großes Spektakel und hat die Athener offenbar begeistert. Deshalb habe ich folgende Idee und auch schon mit eurer Klassenlehrerin Frau Gerdes gesprochen:
Wir werden künftig eure Klassensprecher 6x im Jahr losen: Nach den Sommerferien, den Herbst-, Weihnachts-, Faschings-, Oster- und Pfingstferien. Das ist schließlich auch demokratisch und viel mehr von euch dürfen dann Klassensprecher sein. Wie findet ihr die Idee?
Lara: Ich finde das nicht gut. Ich will nicht Klassensprecherin sein.
Lehrkraft: Okay, dann lasst uns erst einmal gemeinsam überlegen, welche VORTEILE das Auslosen überhaupt hätte?!
Raphael: Also, es würden viel mehr von uns mal Klassensprecher in einem Schuljahr sein, nicht nur zwei fürs ganze Jahr. Vielleicht wollen die nach einem halben Jahr nicht mehr, trauen sich aber nicht, es zu sagen.
Nina: Außerdem kriegen viel mehr aus der Klasse mit, was es bedeutet Klassensprecher zu sein. Ich bin schon in der Grundschule Klassensprecherin gewesen, das war nicht immer nur toll – da sollten wir in der Klasse immer für Ruhe sorgen!
Anton: Das gibt es zum Glück am Gymnasium nicht – eigentlich übernimmt der KA-Sprecher ja Aufgaben FÜR die Klasse. Z.B. wenn Herr Meisenkaiser immer so fies zu Daniel und Mohammed war. Da ist es richtig gut, wenn das viele aus Klasse verstehen und die KA-Sprecher unterstützen.
Hannah: Vielleicht kriegt man ja auch Lust, das zu machen. Das weiß man ja erst, wenn man es ausprobiert. Ich würde mich z.B. nicht zu einer Wahl aufstellen. Da hätte ich Sorge, dass meine Freunde mich nicht wählen, das ist bestimmt ein blödes Gefühl…
Jan: Und wenn man KA-Sprecher sein doch nicht so gut findet, muss man nur ein paar Wochen warten, dann wird wieder gelost. Und man hat mehr Verständnis für die KA-Sprecher, weil man selbst weiß, was man da alles machen muss.
Lisa: Aber vielleicht wird jemand zwei Mal gelost. Das ist voll unfair…
Lehrkraft: Findet ihr das auch unfair?
Julia: Wir können ja alle, die schon dranwaren, aus der Lostrommel rausnehmen.
Joschka: Aber ich will gar nicht in die Trommel, ich will nicht gelost werden!
Lehrkraft: Okay – habt ihr eine Idee, wie wir damit umgehen, wenn Joschka gelost werden sollte und gar nicht KA-Sprecher werden will?
Ida: Klar – wir können doch die beiden gelosten KA-Sprecher fragen, ob sie die Wahl okay finden, also … annehmen.
Lehrkraft: Sehr gute Idee! Was spricht denn aus eurer Sicht GEGEN das Losen der KA-Sprecher?
Max: Das ist nicht demokratisch. Demokratie heißt WÄHLEN.
Lisa: Aber sich für die Klasse einsetzen, das können wir doch eigentlich alle. WIR sind doch die Klasse. Und wenn zwölf von uns KA-Sprecher werden, dann sind viel mehr beteiligt, als wenn immer nur David und Emilia mit Frau Gerdes sprechen oder mit dem Schulleiter…
Lara: Also, wenn man auch ablehnen darf, bin ich dafür…
Manuel: Aber stellt euch mal vor, es wird einer gelost, der sich gar nicht für die Aufgaben als Klassensprecher interessiert und voll unfähig ist! Oder noch schlimmer, der dann alle nervt und nicht das macht, was er soll. Das wäre für die Klasse schlecht. Ich finde Losen bescheuert.
Hannah: Aber dann kann die Klasse das im Klassenrat sagen. Und ihn absetzen, oder nicht?
Lehrkraft: Noch ne Frage: Die Athener fanden das offenbar besonders wichtig, dass in ihrer Demokratie öffentliche Ämter – wie z.B. das Amt des Klassensprechers in eurem Fall – ausgelost werden. Ist das nun demokratisch oder nicht? Wie seht ihr das?
Anton: Ich finde ja. Beim Wählen ist es doch so: Wenn man noch viele Freunde aus der Grundschule hat, kriegt man mehr Stimmen. Ob man deswegen ein guter KA-Sprecher ist, das hat nix damit zu tun.
Jan: Aber du kannst ja auch ausgelost werden, obwohl du kein guter KA-Sprecher bist.
Nina: Stimmt. Aber dann nicht für das ganze Schuljahr. Und das nächste Mal kannst du das Los ablehnen, falls du wieder gelost wirst.
Lara: Ich finde das Losen gut. Dann interessieren wir uns alle viel mehr für die Aufgaben, die Marc und Emilia die ganze Zeit machen müssen. Weil – es könnte uns auch treffen.
Emilia: Ja, vielleicht würden einige in der Klasse dann auch aufhören, uns immer zu nerven und zu sagen: Ey, das habt ihr nicht gut gemacht. Zum Beispiel neulich, als alle gesagt haben, Herr Meisenkaiser ist immer noch voll ungerecht zu Mohammed. Da können wir ja nix für…
Lehrkraft: Okay. Dann lasst uns mit Frau Gerdes das noch einmal besprechen und ausprobieren, wenn ihr das wollt. Und hinterher schauen wir, ob das unserer Klassen-Demokratie guttut oder nicht…
Evtl. das Unterrichtsgespräch begleitender Tafelanschrieb mit der Überschrift „Losen in einer Demokratie?“ und tabellarische Gegenüberstellung der genannten Vor- bzw. Nachteile
Literatur:
- Buchstein, Hubertus (2009): Demokratie und Lotterie – Das Los als politisches Entscheidungsinstrument von der Antike bis zur EU. In: Theorie und Gesellschaft. Band 70. Campus, Frankfurt am Main, New York.
- Buchstein, Hubertus (2012): Der Zufall als Mittel der Politik. Zur Erweiterung politischer Partizipationsformen durch Losverfahren. In: Gisela Riescher (Hrsg.): Partizipation und Staatlichkeit, Stuttgart.
- Röcke, Anja (2005): Losverfahren und Demokratie – historische und demokratietheoretische Perspektiven, Münster.
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