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Korrekturprofil Aufgabe II B: Interpretation eines Gedichts bzw. vergleichende Interpretation zweier Gedichte

Zielrichtung der Aufgabe

Zwei Gedichte sollen interpretiert und verglichen werden. In selteneren Fällen kann auch die Interpretation eines einzelnen Gedichtes gefordert sein.
Interpretieren beinhaltet stets Analyse und Deutung. Es bedeutet, „Texten oder Textelementen im Rahmen eines Verstehensprozesses Bedeutungen zu[zu]weisen [und] dazu Textform und Textinhalt in ihren Wechselwirkungen […] mit dem Ziel eines schlüssigen Gesamtverständnisses [zu] untersuchen.“1. Reine Paraphrase, Aneinanderreihung von beobachteten Textdetails oder bloße Aufzählung formaler Aspekte oder lyrischer Gestaltungsmittel entspricht diesen Anforderungen nicht. Die Gedichte müssen in der Ganzheit ihrer Gesamtaussage und -wirkung erfasst werden.
Der Aufsatz muss einen Vergleich formulieren, d.h. er muss gemäß der Definition des Operators „Gemeinsames und Unterschiedliches herausarbeiten und gegenüberstellen [und] gewichtend ein Ergebnis formulieren“2. Dies sollte auch sprachlich durch geeignete Formulierungen deutlich werden. Ein bloßes Nebeneinander von zwei Einzelinterpretationen der jeweiligen Gedichte ohne Vergleichsaspekte erfüllt die Aufgabenstellung noch nicht.

 

Korrekturprofil

  1. Ist eine sinnvolle Gliederung erkennbar? Ist der Aufsatz insgesamt konzeptionell schlüssig und gedanklich klar strukturiert? Wird der vorhandene Gestaltungsspielraum zielführend genutzt?
  2. Ist die Einleitung funktional, d.h. thematisch passend, knapp und präzise? Nennt sie die wesentlichen Basisinformationen zu den Gedichten? Vermeidet sie floskelhafte Formulierungen?
  3. Wird das Thema des Textes benannt?
  4. Ist eine schlüssige Interpretationsstrategie erkennbar, die sowohl die Gesamtaussage als auch sinntragende Einzelheiten der Gedichte berücksichtigt und ein Fortschreiten der Erkenntnisse dokumentiert? Wird an geeigneter Stelle eine Interpretationsthese formuliert?
  5. Werden Deutungshypothesen durch Begründungen und Belege abgesichert und verdeutlicht?
  6. Sind sinnvolle Schwerpunkte gesetzt? Verliert sich die Darstellung nicht zu sehr in Details, die zu keiner Gesamtschau führen?
  7. Werden Aspekte herausgearbeitet und in ihrem Wirkungsgefüge analysiert und interpretiert? Sind Beobachtungen zu Aufbau und sprachlichen und formalen Mitteln (z.B. Konnotation, bedeutungstragende Formelemente, Motive) funktional gedeutet und in eine stimmige Gesamtinterpretation integriert? Wird ggf. der Titel in die Deutung einbezogen?
  8. Geht die Interpretation des Textes genügend in die Tiefe? Bleiben die Ausführungen nicht in bloßer Paraphrase stecken?
  9. Wird mit Mehrdeutigkeit sinnvoll umgegangen? Werden unterschiedliche Lesarten und ggf. Deutungsansätze entwickelt?
  10. Werden ggf. sinnvolle Kontextualisierungen (z.B. historische, Epoche) für die Deutung fruchtbar gemacht?
  11. Wird sinnvoll und angemessen zitiert? Sind die Zitate weitgehend in den Aufsatztext integriert und erfüllen dort begründende, nicht illustrierende Funktion? Werden Zitate erläutert?
  12. Erfüllt der Abschluss des Aufsatzes eine abrundende Funktion? Wird ein Fazit der Interpretation gezogen? Wird auf pauschale, subjektive Bewertungen und Allgemeinplätze verzichtet?
  13. Wird in einer sachlichen Sprache formuliert? Wird Fachsprache klar und sicher verwendet? Ist der Aufsatz im Ausdruck angemessen und verständlich? Sind insgesamt die handwerklichen Standards beachtet? Wird immer das Präsens verwendet und die Consecutio temporum beachtet (Perfekt bei Vorzeitigkeit)? Werden Verstöße gegen die Sprachrichtigkeit vermieden?

Zusätzlich beim Vergleich zweier Gedichte:

  1. Werden wesentliche Vergleichsaspekte erkannt und inhaltlich erfasst? Werden sie so dargestellt, dass ihre Relevanz für den Vergleich deutlich wird? Werden zentrale Vergleichsaspekte in den Mittelpunkt gestellt?
  2. Werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausgearbeitet, d.h. abstrahierend und auf Wesentliches konzentriert dargestellt und textbezogen akzentuiert? Gelingt es inhaltlich wie sprachlich, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in einen stimmigen Argumentationszusammenhang zu bringen und die einzelnen Aspekte zu einem Gesamturteil zusammenzuführen? Werden die Ergebnisse gewichtet, ist Wichtiges von Randständigem abgehoben?
  3. Wird eine Struktur gefunden, die den Vergleich sinnvoll ordnet und zu einem begründeten Ergebnis führt?
  4. Trägt der Vergleich insgesamt dazu bei, die Eigenart der Gedichte sichtbar zu machen und damit ihre Besonderheit zu beleuchten?

 

Hinweise

  • Zu einer guten und sehr guten Leistung gehören Schwerpunktsetzung und Abstraktion. Inhaltliche Vollständigkeit ist nicht zu erwarten, die Lösungshinweise zu den Abituraufgaben bieten Anhaltspunkte, beschreiben aber nicht eine vom Schüleraufsatz zu erwartende Maximalleistung.
  • Individuelle Wege in Schüleraufsätzen sind möglich und nicht per se schlechter; es ist jeweils zu prüfen, ob sie der Zielrichtung der Aufgabe entsprechen.
  • Mögliche Verfahrensweisen des Vergleichs:

    1. Interpretation Gedicht 1
    2. Interpretation Gedicht 2
    3. (eigentlicher) Vergleich
    1. Interpretation Gedicht 1
    2. Interpretation Gedicht 2 (mit Rückbezug)
    3. (sichtender) Vergleich
    Der Vergleich erfolgt in einzelnen Vergleichsaspekten.

 

1 Definition des Operators interpretieren, BP2016BW_ALLG_GYM_D, S. 81.

2 http://www.deutsch-gymnasium.de/abitur/2010/Deutsch_Abitur_Operatorenkatalog_ab2010.pdf, S. 4; BP2016BW_ALLG_GYM_D, S. 82.

 

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