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Unterricht

Kinder und Jugendliche mit Hörschädigung werden seit Jahren erfolgreich integrativ/inklusiv in allgemeinen Schulen unterrichtet. Eine möglichst barrierefrei gestaltete Lernumgebung mit Berücksichtigung der in diesem Kapitel beschriebenen individuellen Hörvoraussetzungen und dem konsequenten Einsatz der Hörtechnik in der Schule und in anderen Kontexten helfen die Hör-Sprachwahrnehmungsbedingungen zu verbessern.

Ein offener Umgang der Betroffenen mit ihrer Hörschädigung und Informationen über die Grenzen ihres Hör- und Sprachverstehens in unterschiedlichen Kontexten begünstigen darüber hinaus ein entspanntes Lernklima.

Hilfreich für alle Beteiligten ist es zu wissen, dass Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung anders lernen als ihre guthörenden Mitschülerinnen und Mitschüler. Laut Marschark und Knoors (2012) müssen sie sich in der Kommunikation, in ihrer sozialen Entwicklung und beim Lernen anderen Herausforderungen stellen. Selbst gering ausgeprägte Hörverluste können sich behindernd auf die Entwicklung junger Menschen auswirken.

Folgende Aspekte sind für die Unterrichtsplanung mit hörgeschädigten Schülerinnen und Schülern bedenkenswert (vgl. im Folgenden Marschark & Knoors, 2012, S. 138 ff):

  • Aus Untersuchungsergebnissen geht hervor, dass die visuell-räumlichen Gedächtnisleistungen hörgeschädigter Schülerinnen und Schüler besser sind als die hörender Peers. Sie nutzen eher visuell-räumliche Kodierungsstrategien und verarbeiten mentale Bilder besser.
  • Aufgrund der verspätet und anders verlaufenden Sprachentwicklung haben die betroffenen Kinder oder Jugendlichen häufig nicht den Sprachentwicklungsstand ihrer guthörenden Peers erreicht. Die Folgen können Schwierigkeiten im Text- und Leseverständnis sowie Missverständnisse im Miteinander mit Gleichaltrigen oder Lehrkräften sein.
  • Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung nutzen für den Hör-Verstehensprozess verstärkt eine Kombination aus auditiven, visuellen (z. B. Mundabsehen, Tafelanschriebe, Diagramme etc.) und anderen Informationen. Das Kombinieren und Verarbeiten der unterschiedlichen Sinnesreize kann zu einer hohen Belastung des Kurzzeitgedächtnisses führen und viel Energie kosten, die für die eigentliche Verarbeitung des Lernstoffes fehlt.
  • Die Nutzung mehrerer Sinneskanäle für das Hör-Sprachverstehen sowie die Sprachverarbeitung erfordern mehr Zeit. Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung können in Diskussionen oder Unterrichtsgesprächen mit dem Tempo ihrer guthörenden Klassenkameraden oft nicht mithalten.
  • Schülerinnen und Schüler mit Hörschädigung können viele akustische Informationen in der Regel nicht, wie ihre hörenden Mitschülerinnen und Mitschüler, beiläufig aufnehmen. Für sie ist es weiterhin schwierig, gleichzeitig der Unterhaltung von Klassenkameradinnen und Klassenkameraden und dem Lehrervortrag zu folgen. Dadurch entgehen ihnen unter Umständen lernrelevante Informationen.
  • In den Schulen scheinen Kinder und Jugendliche mit einer Hörschädigung oft sehr konzentriert dem Unterricht zu folgen. Auf Ablenkungen durch Klassenkameradinnen und Klassenkameraden gehen sie häufig nicht ein. Die guthörenden Klassenkameradinnen und Klassenkameraden könnten dieses Verhalten als „Strebertum“ deuten.
  • Kinder und Jugendliche mit einer Hörschädigung erhalten nach der Diagnose intensive Förderangebote von unterschiedlichen Stellen. Eltern begleiten die Entwicklung ihrer Kinder sehr bewusst und sind bestrebt, Angebote zu machen, die ihrem Kind helfen, die Sprachentwicklungsverzögerung aufzuholen. Die Kinder machen die Erfahrung, dass viele Erwachsene sich um sie bemühen. Möglich ist, dass die Kinder dadurch weniger Erfahrungen im Umgang mit anderen Kindern sammeln konnten und deshalb vermehrt Probleme in der Entwicklung ihrer sozialen Kompetenzen aufweisen.

Das kann ich tun

Lehrerinnen und Lehrer Schülerinnen und Schüler
  • Ich nutze die Stärken meines Schülers/meiner Schülerin.
    • Ich verwende in Aufgabenstellungen z. B. bildliche Darstellungen, Diagramme u. a.
    • Ich biete assoziatives Lernen mithilfe von Bildkarten an.
    • Ich fördere eigenständiges Arbeiten z. B. durch den Einsatz von Lernspiralen (Klippert).
  • Ich stelle bestmögliches Sprachverstehen sicher und fördere die Sprachentwicklung.
    • Ich achte auf deutliche Lehrersprache.
    • Ich achte auf deutliche Schülersprache.
    • Ich stelle Anweisungen und Aufgaben in eindeutiger, klarer, knapper Form.
    • Ich sorge bei Bedarf für Textoptimierung in Klassenarbeiten und Prüfungen.
    • Ich lasse bei Bedarf den Sprachstand der Schülerin/des Schülers durch den sonderpädagogischen Dienst überprüfen.
    • Ich initiiere Leseförderung durch Leseprojekte.
  • Ich reduziere Höranstrengungen.
    • Ich verwende Rituale im Unterricht.
    • Ich verwende nonverbale Gesten und Signale.
    • Ich plane Hörpausen z. B. in Form von Stillarbeitsphasen ein.
    • Ich visualisiere Unterrichtsinhalte.
    • Ich biete Partner- und Kleingruppenarbeit an.
  • Ich fördere die Selbstständigkeit.
    • Ich fördere die Eigenverantwortlichkeit z. B. durch kooperatives Lernen.
    • Ich fördere die Kommunikationskompetenz durch den Austausch mit Klassenkameradinnen und Klassenkameraden in unterschiedlichen Zusammensetzungen.
    • Ich biete Teamarbeit an.
  • Ich fordere Beratung durch den zuständigen sonderpädagogischen Dienst an.
  • Ich bin mir meiner Stärken in der visuellen Wahrnehmung bewusst.
    • Ich nutze visuell ausgerichtete Lernstrategien.
    • Ich nutze visuelle Darstellungen zum eigenständigen Lernen.
    • Ich eigne mir effektive Dokumentationstechniken an.
    • Ich nutze Untertitelungen in Filmen und anderen Darstellungen.
    • Ich fordere Untertitelungen ein.
    • Ich nutze Schriftdolmetscher.
    • Ich nutze Gebärdensprachdolmetscher.
  • Ich arbeite an meiner Laut- und Schriftsprachkompetenz.
    • Ich lasse mir Geschichten vorlesen.
    • Ich lese selbstständig Texte.
    • Ich beteilige mich am Unterrichtsgespräch.
    • Ich nehme aktiv an Partner- und Gruppenarbeiten teil.
  • Ich informiere meine Mitschülerinnen und Mitschüler über mein Hörproblem und seine Auswirkung.
    • Ich erkläre die Funktion und Arbeitsweise meiner Hörtechnik.
    • Ich berichte in meiner Lerngruppe über den Grad meiner Hörschädigung.
    • Ich erkläre, welche Hörbedingungen ich zum guten Hörverstehen benötige.
    • Ich weise darauf hin, dass Missverständnisse in schwierigen Kommunikationssituationen entstehen können.
    • Ich verdeutliche, dass ich häufiger nachfragen muss.
  • Ich nutze Hörtechnik und nonverbale Kommunikationsmittel im Austausch mit Lehrkräften und Mitschülerinnen und Mitschülern.
    • Ich beherrsche das Fingeralphabet.
    • Ich beherrsche einige Gebärdensprachzeichen.
    • Ich kenne Entspannungstechniken und nutze sie.
    • Ich verwende in der Partner- und Gruppenarbeit meine Übertragungsanlage.
    • Ich bitte um die Verwendung meiner Übertragungsanlage mit Schülermikrofonen im Unterrichtsgespräch und beim Lehrervortrag.
  • Ich trainiere selbstständiges Arbeiten.
    • Arbeitsanweisungen kann ich mündlich und schriftlich verstehen und ausführen.
    • Ich hole mir bei Mitschülerinnen und Mitschülern Unterstützung.
    • Ich gebe Rückmeldung über mein Hörverstehen.
    • Ich nutze Nachfragetechniken.
    • Ich informiere über meine Hörschädigung.
    • Ich informiere beim Nachfragen darüber, was ich verstanden habe.
    • Ich kenne Entspannungstechniken und nutze sie.

 

Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung: Herunterladen [pdf][7,0 MB]

 

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