Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Patchworkfamilie

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Download als PDF [PDF] [41 KB]

Fallbeispiel 3: Stieffamilie/Patchworkfamilie

An der Klingel des gelben Klinkerbaus in Hamburg stehen drei Namen: Dudek, Brandt und Kienitz. Doch es lebt nur eine Familie im Haus. Manfred und Ingrid Dudek mit drei Söhnen und einer Tochter. Die Dudeks sind das, was man eine Patchworkfamilie nennt. Eine Stieffamilie – aber das klingt nach bösen Müttern und unglücklichen Kindern. Patchwork hingegen (englisch für Flickenarbeit) erinnert an einen fröhlichen Flickenteppich, der zwar mühsame Kleinarbeit kostet, aber, wenn er fertig ist, Geborgenheit gibt. Bei Patchworkfamilien ist das, wenn sie funktionieren, nicht anders. Sie entstehen, wenn beide Partner aus früheren Beziehungen Kinder mitbringen, und das kommt aufgrund der wachsenden Scheidungsrate immer häufiger vor. Der Alltag in einem solchen zusammengewürfelten Beziehungsgeflecht ist ungleich komplizierter als in einer traditionellen Familie. „Es herrscht eine große Rollenunsicherheit“, sagt Professor Robert Hettlage, Familiensoziologe an der Universität Regensburg. Da gibt es nicht nur biologische, sondern plötzlich auch „soziale“ Eltern. Wo dürfen sie entscheiden, wo nicht? Bei den Dudeks herrscht auch nicht immer Friede, Freude, Eierkuchen. So ärgert sich Ingrid Dudek gerade über ihren Ex-Mann, weil er ihr nichts von seinen Gesprächen mit den Lehrern ihrer Kinder erzählt. Der Stiefmutter fällt es auch schwer ihre Rolle zu finden. „Eigentlich bin ich wie eine Zweitmutter, aber das will ich nicht sein, Freundin sein geht auch nicht.“ Und die „gefühlsmäßige Distanz“ zu ihren Stiefsöhnen, sagt sie ernüchtert, „wird bleiben. Sie werden nie meine Kinder sein.“ Manuela Drieß, die mit ihrem neuen Mann und dessen Sohn zusammenlebt, schildert ein weiteres Problem: „Als frischverliebtes Paar hat man am Anfang gewöhnlich Zeit, die Paarbeziehung auszukosten. Wenn man als Stieffamilie zusammenfindet, bringt man gleich Kinder mit. Die Paarbeziehung leidet darunter. Die Gefahr ist, dass man sich in Stieffamilien so sehr um die Kinder kümmert, dass man die Paarbeziehung vergisst“. Sie und ihr Mann kommen aber gut zurecht, haben die Probleme mit den alten Beziehungen geklärt, was auch für die Kinder ein wichtiger Schritt für den Neuanfang ist. Die Familienforscher Bien und Alt glauben, dass trotz aller Probleme die Reorganisation der Familie ein sehr gesunder Prozess sein kann. Gemeinsame Kommunikation ist hier unerlässlich und fehlt oft in „traditionellen Familien“. Alle lernen offen miteinander umzugehen und eigene Bedürfnisse auch mal hinten an zu stellen.

(Autorentext)

Aufträge:

  1. Charakterisiert den Begriff „Patchworkfamilie.

  2. Begründet, warum es heutzutage so viele Patchworkfamilien gibt.

  3. Arbeitet aus dem Text Chancen und Probleme einer Patchworkfamilie heraus.