Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Phasenmodelle als Verbindung von Online-Lernen mit Face-to-face-Lernen

I. handlungstheoretisch begründete Phasen

Unterrichtsplanung, die auf Handlungsorientierung ausgerichtet ist, hat eine bestimmte Schrittfolge zu beachten.. Erst wenn der Lerner diese Phasen komplett durchlaufen hat, ist der Lernvorgang im Sinne der Handlungstheorie vollständig. Aufgrund des zeitintensiven Rahmens solcher Lernphasen und ihrer Verteilung findet diese Konzeption im schulischen Zusammenhang vor allem bei Projekttagen Anwendung. Sie lässt sich aber auch als Blended-Learning-Arrangement verwirklichen. Reinmann (2005) benennt dazu ein Sechs-Stufen-Modell, das in der Lehrerausbildung zum Einsatz kommen könnte: 1

  1. Information zur Problemstellung
  2. Problemstellung bearbeiten
  3. Eigene Lösung überprüfen
  4. Veröffentlichung der eigenen und Analyse anderer Lösungen
  5. Rückmeldung durch Tutoren und Mitlernende analysieren
  6. Problemstellung reflektieren und Gelerntes in Bezug dazu setzen

II. Lernpfad als Bezug für die Phasierung

Eine andere Konzeption, bei der im Sinne des Blended Learning auf einander bezogene Phasen miteinander verknüpft werden, ist die eines Lernpfades , wie ihn Reinmann (2005) ebenfalls für die Lehrerausbildung beschreibt. Die Konzeption lässt sich ohne Schwierigkeiten auch auf das schulische Lernen übertragen. Reinmann stellt ein ein Beispiel eines Lernpfades zur Vermittlung von Medienkompetenz bei Lehrern vor: 2

"Ein Lernpfad beginnt mit einer Kurzübersicht und einem Unterrichtsbeispiel; beides dient der Orientierung und gilt noch nicht als eigenständige Lernstation. Folgende Lernstationen schließen sich an:

  1. Einführung: Kurzdarstellung der Methode; Vorstellung weiterer Beispiele; Erörterung der Mehrwertes digitaler in diesem methodischen Kontext
  2. Bildung von Arbeitstteams und Auswahl geeigneter Lerninhalte (aus der Trainingsplattform)
  3. Analyse der Voraussetzungen für den Einsatz der ausgewählten Methode (Voraussetzungen bei den Lehrenden, bei den Schülern und bei den technischen Rahmenbedingungen)
  4. Steigerung der Medienkompetenz durch methodisch-didaktische Reflexion
  5. Planung der Unterrichtseinheit und Erstellen der erforderlichen Materialien
  6. Durchführung des Unterrichts und Unterrichtsevaluation (Selbstevaluation und Schülerfeedback)
  7. Evaluation des Lernpfades (also Rückmeldung der Teilnehmer zur Qualität und Nutzbarkeit des Lernpfades für den eigenen Unterricht)
  8. Weitere Planung"

III. Basismodelle unterrrichtlichen Lernens

Basismodelle Ein Konzept, auf das in letzter Zeit zunehmend sowohl im Zusammenhang der Planung von klassischem Unterricht als auch in Bezug auf die Gestaltung von multimedialen Lehr-Lern-Arrangements verwiesen wird, 3 sind die seit Anfang der 1990er Jahre von Fritz Oser und seinem Forschungsteam untersuchten "Basismodelle des Unterrichts", die für ihn eine - interessant für die Sequenzierungsthematik! - " Choreographie unterrichtlichen Lernens" darstellen. 4 Ausgangspunkt der Arbeit von Fritz Oser und Kollegen bestand darin,

“dass die Sichtweise der strukturierten Lehrverläufe eigentlich immer diejenige des Schülers sein müsste.” 5

Maßgeblich bei Oser/ Patry ist ein Zwei-Ebenen-Modell, das zwischen einer Oberflächen- oder Sichtstruktur und einer Tiefen- oder Basisstruktur des Lernens unterscheidet. 6

Die Oberflächen- oder Sichtstruktur bezieht sich auf den Bereich des Lernens, den die Lehrpersonen durch methodisch-didaktische Entscheidungen wie Handlungsmuster des Unterrichts, Sozialformen, Unterrichtsschritte, Sequenzierung des Unterrichts etc. beeinflussen können, und der ihrer Kreativität und Gestaltungsfreiheit zugänglich ist. Insofern die damit verbundenen Prozesse weitestgehend beobachtbar sind, wird hier von einer Sicht struktur gesprochen.

Demgegenüber bezeichnet die Tiefen- oder Basistruktur des Lernens eine

"für jeden Lernenden absolut notwendige[n], feststehende[n] Kette von Operationen, die nicht durch etwas anderes ersetzt werden kann. Der ganzheitliche Charakter dieser jeweiligen Kette wird bestimmt durch lernpsychologische Gesetzmässigkeiten einerseits und durch den Typ des Ziels bzw. die Inhalte andererseits” 7

Der Vorteil dieses Konzeptes besteht darin, dass empirisch ermittelte, basale Prozesse benannt werden, mit denen alles Lernen umfassend beschrieben werden kann. Diese basalen Prozesse ähneln begrifflich einigen Wissenskonzepten, meinen aber Lernen, also den Weg zu diesem Wissen.

Jedem Basismodell ordnen Oser/ Patry "Ketten von Operationen" zu, die als zwingende Voraussetzung für die Realisierung eines jeweiligen Zieltyp des Lernens angesehen werden. Diese benennen eine feste Abfolge von Operationen, die als Grundlage der Sequenzierung der BL-Einheit dienen können. So werden für die Basismodelle "Lernen durch Eigenerfahrung" und "Entdeckendes Lernen" folgende "Ketten von Operationen" benannt, die methodisch in einer entsprechenden BL-Sequenzierung abzubilden wären: 8

Basismodell Lernen durch Eigenerfahrung - Entdeckendes Lernen: Ketten von Operationen

  1. Inneres Vorstellen des Handelns im Kontext (Vorbereitung, Ablaufplanung, Ermittlung)
  2. Handeln im Kontext (Herstellen, Verändern, Experimentieren, Suchen und Ordnen etc.)
  3. Erste Ausdifferenzierung durch Reflexion des Handlungswegs, des Handlungsziels, und des Handlungssinns
  4. Generalisierung des Ausdifferenzierungsergebnisses
  5. Übertragung der Lernkonsequenzen auf größere Zusammenhänge, Einstieg in die symbolische Repräsentation

Beispiel:

Auf ein Lehrer/innen-Team angewandt, das eine kollegiale Beratung zum Umgang mit Unterrichtsstörungen durchführen möchte, sähe eine daraus abgeleitete Sequenz wie folgt aus:

  1. Das Team ermittelt aufgrund der Eigenerfahrung typische Situationen in denen Unterrichtsstörungen auftreten und dazugehörige Verhaltensweisen der Lehrkraft und verteilt dazugehörige Beobachtungsaufträge
  2. Jedes Teammitglied hält reihum eine Unterrichtsstunde durch, in denen die anderen Kollegen hospitieren
  3. Die Stunden werden im Team ausgewertet, wobei das Lehrerinnenverhalten in den einzelnen Stunden beschrieben und ausgewertet wird. Das wirksame Lehrerinnenverhalten wird festgehalten.
  4. Allgemeine Grundsätze des effektiven Lehrerinnenverhaltens bei Unterrichtsstörungen bzw. zu deren Vorbeugung werden formuliert
  5. Es werden die weitere Kontexte und Lernzusammenhänge benannt, in denen ebenfalls eine Wirksamkeit der Grundsätze erwartet wird. Ggf. entsteht hier eine neue Hospitationssequenz (Schritte 1. bis5)

 

 


1 Reinmann (2005), S. 232.

2 Ebenda, S. 243.

3 Vgl. Meyer (2007), 133ff.; Niegemann (2008), S. 153ff.; Reinmann (2011), S. 25ff.

4 Für das Folgende vgl. Dohnicht (2011), der auf Elsaesser (2000) Bezug nimmt.

5 Oser/Patry (1990), S. 2; zitiert nach Elsaesser (2000), S. 10;

6 Tabelle aus Elsässer (2000), S. 13; eine sehr gut lesbare Einführung in das Konzept von Oser/ Patry, die dieses in den Zusammenhang der Berufsfelddidaktik stellt.

7 Oser/Patry (1990), S. 3; zitiert nach Elsaesser, S. 11.

8 Eine vollständige Aufstellung aller Operationen, wie sie einer jeden Basisstruktur zugrundeliegen, finden sich bei Elsaesser (2000).