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Biografisches Lernen als Kompetenzerwerb

Biografisches Lernen ist schon von der Grundausrichtung her kompetenzorientiert: Es geht von den Schüler_innen aus und zielt auf die Schüler_innen wieder ab. Die Schüler_innen erhalten bei der Auseinandersetzung mit einer anderen Biografie die Chance, auch ihr eigenes Leben zu reflektieren und dabei die Kontexte, denen sie ausgesetzt sind, neu zu beschreiben, neu auszulegen und zu gestalten. Ist das Beschreiben auch reproduktiv, so geschieht dies doch immer gleichzeitig in einer reorganisierenden Einbettung in einen größeren Zusammenhang. Die aktive gestaltende Aus­einandersetzung mit der eigenen oder einer fremden Biografie stellt eine organisierende Leistung dar, der bereits ein innerer Beurteilungsprozess vorangegangen ist.1

Damit ist das Lernen an Biografien immer ein ganzheitliches Lernen, das weit über eine reine Wissensvermittlung hinausgeht. Vielmehr stellt es eine wirksame Methode dar, die im Bildungsplan Evangelische Religionslehre formulierten fünf prozessbezogenen Kompetenzen anzubahnen, konkret anzuwenden und zu intensivieren2. Gerade der „Verzicht auf unmittelbare Transfers bahnt den Weg zu nachhaltigem … Lernen“3 , bereitet darauf vor, auch zukünftige Schwierigkeiten besser zu bewältigen, und fördert ein soziales Bewusstsein. Dies kann sowohl an fremden Biografien geschehen - an historisch mehr oder weniger bekannten und einflussreichen Persönlichkeiten -, als auch an aktuellen Zeitgenossen aus dem (realen oder möglichen) Lebensumfeld der Schüler_innen („local heroes“) sowie an autobiografischen Selbstreflexionen der Schüler_innen4.

In den ZPG Ev. Religionslehre wurde in Klassenstufe 5/6 bei der Biografiearbeit noch deskriptiv verfahren, indem bei der UE Schöpfung die Tierethik an der Biografie von Christian Adam Dann entfaltet wurde.5 In Klasse 7/8 ergeben sich für das biografische Lernen – besonders im Hinblick auf einen autobiografischen Zugang – direkte Berührungspunkte zu den inhaltsbezogenen Kompetenzen des Bildungsplans:

3.2.1 (1) sich mit Fragen nach Identität, Selbstbild, Fremdwahrnehmung und Rollenzuschreibung im sozialen Zusammenleben (z. B. Familie, Peergroup, soziale Netzwerke) auseinandersetzen.

3.2.1 (2) die Bedeutung von Vorbildern und Idolen erklären und auf ihre mögliche Ambivalenz hin untersuchen

3.2.1 (3) Hintergründe krisenhafter Situationen (z.B. Versagensangst, Leistungsdruck, Trennung, Liebeskummer, Sucht) und Strategien zu deren Bewältigung entfalten

3.2.2 (3) Ursachen von Konflikten analysieren und Perspektiven für konstruktive Lösungen aufzeigen

Sinnvoll scheint es, wenn dem autobiografischen Arbeiten eine Fremdbiografie vorgeschaltet ist, die in das biografische Arbeiten konkret einführt und mit der Methode und Zielrichtung vertraut macht. Vgl. dazu die inhaltsbezogene Kompetenz

3.2.4 (3) an Beispielen Folgen des christlichen Glaubens an Gott (zum Beispiel Franz von Assisi, Luther, Katharina von Bora, Friedrich von Bodelschwingh, Albert Schweitzer, Martin Luther King, Elisabeth von Thadden, Desmond Tutu, Local Heroes) darstellen.

Außerdem knüpft Biografiearbeit an die Leitperspektive Prävention und Gesundheitsförderung (PG) an: Sie fördert den Reflexionsprozess über die eigene Selbstwirksamkeit, über verschiedene Konfliktbewältigungsstrategien sowie Ressourcenorientierung und hat deshalb immer auch eine präventive Aufgabe. 6

 

1 Vgl. Stiller, E.: Biografisches Lernen, S. 199.

2 Wahrnehmungs- und Darstellungsfähigkeit, Deutungsfähigkeit, Urteilsfähigkeit, Gestaltungsfähigkeit und Dialogfähigkeit.

3 Mendl, H.: Lernen (2013), S. 13.

4 Mendl sieht gerade eine besondere Lernchancen bei der Auseinandersetzung mit Vorbildern aus dem Alltag, den sogenannten „local heroes“. Vgl. Mendl, H.: Modelle, S. 93ff; 99ff. Eine themenbezogene Sammlung dieser „local heroes“ (letzter Zugriff 22.11.2016).

5 Vgl. die UE „Über die Welt als Gottes Schöpfung nachdenken“ [pdf] [500KB](ZPG IV, Ev. Religionslehre, letzter Zugriff am 21.1.2016).

 

Lernen an Biografien: Einführung und Methoden: Herunterladen [docx][275 KB]

Lernen an Biografien: Einführung und Methoden: Herunterladen [pdf][903 KB]

 

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