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Resilienz

Seelische Widerstandsfähigkeit trotz widriger Umstände

Allgemeine Hintergrundinformationen

Ab den 1990er Jahren fand in der Psychologie und den Gesundheitswissenschaften ein Paradigmenwechsel statt: Der Blick geht seitdem verstärkt nicht mehr nur in Richtung der Ursachen und Auswirkungen psychischer und psychosomatischer Störungen, sondern es wird versucht, neben den Risikofaktoren auch Schutzfaktoren ausfindig zu machen, die besagte Störungen im Sinne eines präventiven Ansatzes gar nicht erst entstehen lassen. Repräsentativ für diese neue Sichtweise waren beispielsweise die Langzeitstudien von Emma Werner auf Hawaii (Werner E. E., Smith, R. S. (1982): Vulnerable but invincible. A longitudinal study of resilient children and youth. McGraw-Hill, New York) oder auch das Salutogenese-Konzept des amerikanischen Soziologen Aaron Antonovsy (Aaron Antonovsy (Autor), Alexa Franke (Hrsg., deutsche Übersetzung): Salutogenese. Zur Entmystifizierung der Gesundheit. dgvt-Verlag, 1997).
Diese und andere bahnbrechende Ansätze führten schließlich auch zu einer veränderten Sichtweise bei der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Gesundheit inzwischen nicht mehr lediglich als Abwesenheit von Krankheit und Gebrechen, sondern als „Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens“ definiert. (ICF, Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, Weltgesundheitsorganisation (WHO), 2005, Anhang 1, S. 144 ff).
Ebenso hat sich die Perspektive der WHO auf Menschen mit Behinderungen verändert – weg von einem defizitorientierten, hin zu einem ressourcenorientierten Ansatz, der das Augenmerk verstärkt auf die Möglichkeiten der Menschen zu Aktivität und Partizipation in der Gesellschaft richtet. (ICF, Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit, Weltgesundheitsorganisation (WHO), 2005, S. 23 ff).

Resilienz im Kontext von Kindern und Jugendlichen mit Hörschädigungen

Die Fähigkeit, mit belastenden Situationen erfolgreich umgehen und sich trotz schwieriger Umstände positiv entwickeln zu können, ist enorm wichtig für Kinder und Jugendliche mit einer Behinderung oder anderen Lebenserschwernissen. Wie können Kinder und Jugendliche dabei unterstützt werden, trotz des vorhandenen „Risikofaktors Hörschädigung“ genügend ausgleichende Ressourcen zu erschließen, um sich zu starken, positiv denkenden – eben resilienten – Persönlichkeiten zu entwickeln?

Resilienz ist nicht angeboren, sie ist erlernbar. Sie kann im Laufe der Entwicklung und unter verschiedenen Umständen variieren. Ressourcen für die Entwicklung von Resilienz liegen einerseits in der Person selbst, andererseits in ihrem Lebensumfeld.

Resiliente Menschen haben ein positives Selbstbild. Sie nehmen sich selbst als kompetent wahr im Umgang mit den Schwierigkeiten des Alltags und gehen Probleme aktiv an. Dabei sind sie in der Lage, kreative Lösungen zu entwickeln. Stressereignisse und Problemsituationen werden von resilienten Menschen weniger als Belastung, sondern vielmehr als Herausforderungen wahrgenommen, denen sie sich mit Zuversicht stellen.

Zur Entwicklung dieser persönlichen Ressourcen tragen schützende Faktoren in der Lebensumwelt von Kindern und Jugendlichen bei, wie etwa

  • stabile, emotional-positive Beziehungen zu mindestens einer Bezugsperson,
  • ein Erziehungsstil, der durch Wertschätzung und Akzeptanz gekennzeichnet ist, aber auch durch ein unterstützendes und strukturierendes Verhalten,
  • Eltern, Großeltern, Freundinnen und Freunde und Lehrerinnen und Lehrer, die Mut zusprechen, Vertrauen in die Fähigkeiten des Kindes signalisieren, aber auch vorleben, wie man Krisensituationen im Alltag bewältigt.
Pflanze, die aus dem Beton wächst

Pflanze, die aus dem Beton wächst

Bezugspersonen können so als positive Rollenmodelle dienen. Das Kind oder der Jugendliche mit einer Hörschädigung kann durch sie zu der Überzeugung gelangen, dass Krisen und Probleme etwas Normales sind, etwas, das alle Menschen erleben, etwas, mit dem er oder sie fertig werden kann.

 

Das kann ich tun

Die folgenden Empfehlungen basieren auf dem Skript von Maike Rönnau-Böse zur Jahrestagung Schulsozialarbeit des Zentrums für Kinder- und Jugendforschung ZfKG an der Evangelischen Hochschule Freiburg aus dem Jahr 2012.

Lehrerinnen und Lehrer Schülerinnen und Schüler
  • Ich trage dazu bei, ein resilienzförderndes Schulklima zu schaffen.
  • Ich schaffe ein resilienzförderndes Klassenklima:
    • Meine Regeln gelten für alle in der Klasse und sind transparent.
    • Ich strebe eine Bestärkungs- statt eine Bewertungskultur an.
    • Ich stelle Freiräume zur Entwicklung der Klassenkultur (z. B. Klassenstunden) zur Verfügung.
    • Ich pflege eine wertschätzende Zusammenarbeit mit den Eltern: Kontakt vor dem Problem.
  • Ich fördere die personzentrierte Resilienz der Schülerinnen/Schüler:
    • Ich führe stärkenorientierte Feedbackgespräche.
    • Ich verschaffe Erfolge durch bewältigbare, individualisierte Aufgaben mit Feedback (Förderplanung).
    • Ich nutze eine „Lobliste“ für Schülerinnen/Schüler.
    • Ich gehe in Reflexion: Wie wurde die Aufgabe geschafft?
  • Ich bin für meine Schülerinnen/Schüler persönliche Ansprechpartnerin/persönlicher Ansprechpartner und Beziehungsperson.
  • Ich habe Mut zur Individualisierung.
  • Ich signalisiere Interesse und Wertschätzung über den Unterricht hinaus; meine Botschaft: Jede/jeder wird in seiner Ganzheit gesehen.
  • Ich finde mich gut und akzeptiere mich als Person mit allen meinen Stärken und Schwächen.
  • Ich gehe Probleme aktiv an und bin zuversichtlich, dass ich sie bewältigen kann.
  • Ich traue mir etwas zu und wage mich auch an Aufgaben oder in Situationen, die ich noch nicht kenne.
  • Ich stehe für meine Wünsche, Meinungen und Bedürfnisse ein.
  • Ich übernehme Verantwortung für mich und für andere.
  • Ich setze mir Ziele und überlege, wie ich sie erreichen kann.
  • Wenn mir etwas nicht gleich gelingt, ist das eben so; dann versuche ich es noch mal.
  • Ich suche mir Hilfe, wenn ich sie brauche.
  • Ich kann zulassen, dass ich mich auch einmal schlecht fühle. Ich weiß, dass es auch wieder besser sein wird.

 

Schülerinnen und Schüler mit einer Hörschädigung: Herunterladen [pdf][7,0 MB]

 

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