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Tragödie

Die früheste Gattungsdefinition findet sich bei Aristoteles. Sie ist es auch, auf die spätere Theoretiker sich immer wieder beziehen, auch wenn der Tragödienbegriff unendlich vielgestaltig ist, sich von Epoche zu Epoche, von Theoretiker zu Theoretiker ändert. Die Definition von Aristoteles nennt die dann immer wieder verändert definierten und gewichteten Kriterien.

Tragödiendefinition des Aristoteles

„Die Tragödie ist Nachahmung einer guten und in sich geschlossenen Handlung […] hierdurch eine Reinigung von derartigen Erregungszuständen bewirkt.“

https://de.wikipedia.org/wiki/Poetik_(Aristoteles)

  1. Analysieren und kommentieren Sie Schritt für Schritt die einzelnen Begriffe dieser Definition

Die Grundkonstellation ist häufig die, dass ein Held vom Glück ins Unglück kommt, seine Unkenntnis führt zum tragischen Verfehlen des Ziels (Hamartia), z.B. seinem unschuldig Schuldig-Werden, sei es durch Affekte, Hybris oder Verblendung, die er in der Anagnorisis, die häufig mit der Peripetie zusammenfällt, erkennt.

Definitionen der Gattung kreisen um zahlreiche Themen, von denen nicht immer alle berücksichtigt werden. So werden Fragen der Herkunft der Tragödie, der Standeszugehörigkeit des Personals, der politischen oder privaten Dimension des Geschehens, des Ausgangs, der Rolle des Helden, der Bedeutung des Ziels, der Moralität des Helden, des Grads seiner Mitschuld, der Bewusstheit des Helden, der Notwendigkeit oder Vermeidbarkeit von Leid, des Sinngehalts des Leids, des Weltbilds etc. diskutiert11.

Die französische Klassik legte fest, dass das Personal der Tragödie hohe Standespersonen sein müssten, die Einheit von Zeit (die Handlung geschieht innerhalb eines Tages), Ort (es gibt keine Ortswechsel über weitere Distanzen, um das Kriterium der Wahrscheinlichkeit zu erfüllen) und Handlung (keine komplexen Nebenhandlungen) eingehalten werden müssten. Regeln, gegen die schon bald verstoßen wurde.

Lessing setzte sich in seiner Hamburgischen Dramaturgie (1767-1769), einer Reihe von Theaterkritiken, die er aber benützte, um über Grundfragen des Theaters und des Dramas zu reflektieren, auch mit der Gattungsfrage der Tragödie auseinander und formulierte wirkmächtige Grundsätze.

G. E. Lessing: Hamburgische Dramaturgie, 14. Stück

Die Namen von […] als mit Königen.

https://www.projekt-gutenberg.org/lessing/hamburg/hamb014.html

G. E. Lessing: Hamburgische Dramaturgie, 75. Stück

Man hat ihn falsch […] selbst bezogene Mitleid.

https://www.projekt-gutenberg.org/lessing/hamburg/hamb075.html

Die hier zitierten sehr knappen Ausschnitte der Hamburgischen Dramaturgie zeigen, dass Lessing die Wirkung des Dramas auf den Zuschauer in den Mittelpunkt stellte und eine durchaus normative Vorstellung von dem besaß, was Drama und Theater bewirken sollten. So stellt er die klassizistische Ständeklausel in Frage und deutet Aristoteles völlig anders, indem er Phobos mit Furcht übersetzt und damit die Tragödie zu einem Mittel moralischer Läuterung macht.

In der Folge richtete sich das Interesse von Theoretikern und Dramatikern zunehmend auf das Tragische. Die Dramen behandeln den Konflikt zwischen Individuum und Gesellschaft, Freiheit und Notwendigkeit.

Heute scheint die Tragödie nicht mehr möglich zu sein. Brecht z.B. sagt in seiner theoretischen Schrift Kleines Organon für das Theater (1948) „Die historischen Bedingungen darf man sich freilich nicht denken als dunkle Mächte, sondern sie sind von Menschen geschaffen und aufrechterhalten“, sie sind damit auch veränderbar, der Mensch ist ihnen nicht ausgeliefert. Dürrenmatt setzt einen anderen Akzent, wenn er ausführt: „Die Tragödie setzt Schuld, Not, Maß, Übersicht, Verantwortung voraus. In der Wurstelei unseres Jahrhunderts, in diesem Kehraus der weißen Rasse, gibt es keine Schuldigen und Verantwortlichen mehr. Alle können nichts dafür und haben es nicht gewollt.“ (Dürrenmatt, Theaterprobleme, 1955)

  1. Prüfen Sie, inwiefern die Dramen, die Sie gelesen haben, Tragödien sind.

 

11 Vgl. Ulrich Profitlich (Hg.): Tragödientheorie. Texte und Kommentare – Vom Barock bis zur Gegenwart, Reinbek bei Hamburg 1999, S.13-19

 

Drama: Elektra: Herunterladen [docx][8 MB]

 

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