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Lösungshinweise

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Neuerung: Was müssen die Prüflinge können?

Aufgabe 1 a

Charakterisieren Sie anhand von M 2 die Entwicklung der Einkommensverteilung in Deutschland. (8 VP)

Die Aufgabe verlangt von den Prüflingen, dass sie die wesentlichen Aussagen zur Entwicklung der Einkommensverteilung in Deutschland, die sich aus der Tabelle ableiten lassen, aufzeigen. Die formalen Regeln der Materialarbeit sind einzuhalten.

Insgesamt kann festgehalten werden, dass die Einkommensverteilung in Deutschland breiter wird. Trotz erfolgter Umverteilung durch den Staat (es handelt sich in der Tabelle um Nettoeinkommen) wächst der Anteil überdurchschnittlich wohlhabender als auch der Anteil armer Bevölkerungsschichten, während der Anteil mittlerer Einkommen etwas sinkt.

In der Tabelle, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt im Datenreport 2011 mit Daten des SOEP von 2009, wird die Bevölkerung in sieben verschiedene Einkommensgruppen (abhängig vom äquivalenzgewichteten monatlichen Haushaltsnettoeinkommen) eingeteilt. Der prozentuale Anteil jeder Einkommensgruppe an allen Haushalten wird in Vierjahresabständen (von 1997 bis 2009) dargestellt.

Auffällig ist, dass die oberste Einkommensgruppe (höherer Wohlstand mit über 200% des Mittelwerts) prozentual gesehen jeweils anwächst (von 3,5% 1997 auf 4,7% 2009). Sie bleibt aber durchgehend die kleinste Gruppe im Jahresvergleich mit den anderen Gruppen.

Auch die Gruppe mit relativem Wohlstand (150 bis 200% des Mittelwerts) und die gehobene Einkommenslage (125 bis 150%) wachsen mit leichten Schwankungen von 1997 bis 2009.

Anders sieht es mit den mittleren Einkommenslagen (mittlere bis gehobene von 100 bis 125% und untere bis mittlere Lage von 75 bis 100%) aus. Diese Gruppen nehmen nach leichten Schwankungen von 1997 bis 2009 jeweils um etwa 3 Prozentpunkte ab. Trotzdem bleibt die untere bis mittlere Einkommenslage durchgehend die größte Gruppe mit einem Anteil zwischen 25,3 und 29,1 Prozent an allen Haushalten.

Während die Gruppe mit prekärem Wohlstand (50 bis 75% des Mittelwerts) insgesamt gesehen nur leicht anwächst, steigt die Gruppe, die in relativer Armut (0 bis 50%) lebt, kontinuierlich und deutlich von 7,5 auf 10,4 Prozent aller Haushalte. Sie steigt damit im Größenvergleich bei den einzelnen Jahren vom 6. Platz (1997) auf den 4. Platz (2009).

Aufgabe 1 b

Beschreiben Sie gesellschaftliche Folgeprobleme, die sich aus der ungleichen Verteilung von Einkommen in Marktwirtschaften ergeben können. (10 VP)

Die Aufgabe verlangt von den Prüflingen die zusammenhängende und schlüssige Beschreibung von verschiedenen möglichen Folgeproblemen (z.B. sozialer Unfrieden, Politikverdrossenheit, Bildungsungerechtigkeit, mangelnde Gesundheitsvorsorge). Kriterien für die Beurteilung sind Umfang und Differenziertheit der Kenntnisse.

Beim Aspekt der Bildungsungerechtigkeit kann beispielsweise aufgezeigt werden, dass Familien mit geringem Einkommen ihre Kinder weniger fördern können mit Zusatzangeboten wie Nachhilfeunterricht, Sprachreisen, Musikstunden oder sportlichen Aktivitäten. Auch teure Privatschulen mit einem großen Unterstützungsangebot bleiben ihnen versagt. Diese ausbleibende Förderung kann dazu führen, dass bei gleicher Leistungsfähigkeit Kinder aus sozial schwachen Familien weniger Aussichten auf einen gymnasialen Abschluss haben als Kinder aus wohlhabenden Familien.

Eventuell hindert die Aussicht darauf, erhaltenes Geld (wie Studienkredite) nach dem Studium zurückzahlen zu müssen, Abiturienten aus einkommensschwachen Familien daran, überhaupt ein Studium aufzunehmen. Da aber geringere Bildungsabschlüsse häufig mit einem geringeren Einkommen im Berufsleben einhergehen, können so die Einkommensunterschiede zementiert werden.

Aufgabe 2 a

Stellen Sie mit Hilfe von M 3 das derzeit in Deutschland geltende System der Einkommensbesteuerung dar. (10 VP)

Die Aufgabe verlangt von den Prüflingen, dass sie aus der vorgegebenen Grafik die wesentlichen Informationen herausarbeiten und damit das System der Einkommensbesteuerung in Deutschland verdeutlichen können.

Es muss klar werden, dass es in Deutschland eine progressive Einkommensbesteuerung gibt, das heißt, dass grundsätzlich bei einem höheren Einkommen auch ein prozentual höherer Steuersatz anfällt. Dabei sollte der Zusammenhang aufgezeigt werden, dass in der sozialen Marktwirtschaft zum einen das Existenzminimum jedes Bürgers gesichert werden soll (Freibetrag), zum anderen aber auch Besserverdienende stärker steuerlich herangezogen werden (Spitzensteuersatz von 45 Prozent), sodass durch die Einkommensbesteuerung deutlich umverteilt wird.

In der Grafik sind die unterschiedlichen Einkommenstarife (Stand 2012) in Deutschland abgebildet.

Das Steuersystem ist so gestaltet, dass alle Bürger einen Grundfreibetrag haben, für den keine Steuer zu entrichten ist, womit Geringverdiener von der Einkommenssteuer ausgenommen sind (bei einem Jahreseinkommen bis 8004 Euro waren 2012 keine Einkommenssteuern zu bezahlen). Während die Progressionskurve von 8005 bis 13469 Euro relativ steil ansteigt (von 14 auf 24 Prozent), steigt sie danach bis zu 52881 Euro flacher an (von 24 auf 42 Prozent). Danach gibt es zwei Stufen (bis 250730 Euro 42 Prozent, darüber liegende Einkommensanteile werden mit 45 Prozent versteuert).

Aufgabe 2 b

Immer wieder flammt die Diskussion darüber auf, ob das deutsche Steuersystem verändert werden sollte, um Einkommen und Vermögen anders zu verteilen. Vergleichen Sie die in M 4 dargestellten Positionen der Parteien zu dieser Frage. (12 VP)

Hinweis: Im Download: Herunterladen [doc] [103 KB] sind Zeilenangaben im Text enthalten.

Ein Vergleich erfordert von den Prüflingen die gewichtende Darstellung von Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Vorschlägen der Parteien und die Formulierung eines Ergebnisses. Vergleichskriterien können z. B. das gewünschte Maß der steuerpolitischen Steuerung durch den Staat sein oder die Art der Steuern, die eingeführt, abgeschafft, erhöht oder gesenkt werden sollen.

Während die FDP als wirtschaftsliberale Kraft möglichst wenig steuerpolitische Eingriffe des Staates will; geht es der CDU um die staatliche Förderung des Mittelstands und die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit. Die SPD will staatliche Eingriffe für den Abbau von Steuerprivilegien und insgesamt eine Erhöhung des Steueraufkommens, um unter anderem in Bildung investieren zu können; die Grünen wollen ebenfalls mehr Steuergerechtigkeit und außerdem eine Steuerpolitik, die auf ökologische Nachhaltigkeit setzt (Erhöhung von Umweltsteuern); die Linke fordert die stärksten staatlichen Eingriffe und deutlich mehr Umverteilung.

Die Betrachtung der einzelnen Steuerarten ergibt folgendes Bild: Bei der Einkommenssteuer will die FDP keine Erhöhungen, sondern fordert sogar die Abschaffung des Solidaritätszuschlags (vgl. Z. 55f.). Die CDU will vor allem die mittleren Einkommensgruppen weniger belasten (vgl. Z. 7ff.), während Grüne und Linke den Grundfreibetrag erhöhen wollen (allerdings unterschiedlich stark, vgl. Z. 61f. bzw. Z. 88f.). Den Spitzensteuersatz erhöhen möchten die SPD (vgl. Z. 31ff.), die Grünen (vgl. Z. 63ff.) und die Linke, die Linke mit 75 Prozent besonders stark (vgl. Z. 90ff.). Für eine Vermögenssteuer sprechen sich die Linke (vgl. Z. 85ff.), die Grünen (vgl. Z. 70ff.) und die SPD (in abgemilderter Form, vgl. Z. 26ff.) aus, CDU und FDP sind gegen eine Vermögenssteuer (vgl. Z.13ff. und Z. 44ff.).

Die Erbschaftssteuer erhöhen wollen die Grünen und die Linke (vgl. Z. 67f. und Z. 93ff.), die CDU und die FDP sprechen sich gegen Erhöhungen in diesem Bereich aus (vgl. Z.13ff. und Z. 44ff.).

Aufgabe 3

Erörtern Sie, ob sich über steuerpolitische Maßnahmen gesellschaftliche Probleme lösen lassen. (20 VP)

oder

Zwei Wirtschaftsredakteure von renommierten Tageszeitungen sind unterschiedlicher Meinung und führen ein Streitgespräch zu der Frage: Soll der Staat durch Steuern steuern? Gestalten Sie dieses Streitgespräch. (20 VP)

Alternative 1 (Erörterung) erfordert von den Prüflingen, dass sie von gesellschaftlichen Problemen ausgehen und dann jeweils untersuchen, ob steuerpolitische Eingriffe hier erfolgversprechend wären oder nicht. Kriterien für die Beurteilung sind sachliche Richtigkeit, die Schlüssigkeit des Argumentationsaufbaus, die Arbeit mit Belegen und Beispielen, der Grad der Differenziertheit der Abwägung und die Überzeugungskraft der Begründung des abschließenden Urteils.

Die Alternative 2 (Streitgespräch) verlangt von den Prüflingen, dass sie im Streitgespräch die beiden unterschiedlichen Perspektiven durchgehend deutlich machen, die Gesprächspartner aber dabei aufeinander eingehen lassen. Für die Beurteilung wesentlich sind der Grad an Sachkenntnis, die Überzeugungskraft der vorgebrachten Argumente, die gezeigte Gesprächsfähigkeit und das Ausdrucksvermögen der Prüflinge.

In beiden Aufgaben-Alternativen müssen Chancen und Risiken von steuerpolitischen Eingriffen aufgezeigt werden. Es muss deutlich werden, wer von Eingriffen jeweils betroffen wäre und inwieweit der Staat überhaupt Steuerungsmöglichkeiten hat und wo er an seine Grenzen stößt.

Für eine aktive Steuerpolitik spricht z. B. das Sozialstaatspostulat des Grundgesetzes, das fordert, dass der Staat eine starke Ungleichverteilung korrigiert. Wenn man davon ausgeht, dass höhere Steuern höhere Staatseinnahmen generieren, kann man folgern, dass der Staat durch Steuererhöhungen mehr Möglichkeiten hätte, z. B. Maßnahmen für mehr Bildungsgerechtigkeit oder mehr kulturelle Teilhabe zu fördern. Wenn es geringere Einkommens- und Vermögensunterschiede gibt, haben sozial schwächere Schichten auch weniger Grund, sich zurückgesetzt zu fühlen und politikverdrossen zu sein bzw. aufzubegehren.

Auf der anderen Seite lässt sich z. B. anführen, dass Leistungsträger in der Gesellschaft eventuell weniger motiviert wären, wenn ihre Leistung nicht durch ein größeres Einkommen belohnt, sondern dieses durch Steuern „aufgefressen“ würde. Teilweise wird auch die Ansicht vertreten, dass sich Steuersenkungen eher wohlstandsfördernd für alle auswirken, weil dadurch zum Beispiel mehr Kaufkraft vorhanden ist, die dann wieder Arbeitsplätze schafft etc. Schließlich wird auch die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in Frage gestellt – wenn z. B. Unternehmen ins Ausland abwandern, weil es dort günstigere Steuerbestimmungen gibt, führt das hierzulande eventuell zu mehr Arbeitslosigkeit und daraus folgen neue gesellschaftliche Probleme.

 

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