Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Verteilen der Übung

...und des Wissenserwerbs


Es gehört zu den bekanntesten Tatsachen, dass erlerntes Wissen wiederholt werden muss, um flüssig gehalten zu werden. So musste ich neulich nachsehen, wie man Matrizen invertiert, obwohl ich das im Studium sehr oft gemacht habe. Eine kurze Wiederholungsübung brachte dann aber das ganze Wissen um diese Technik schnell zurück.

Die bereits erwähnten lern- und hirnphysiologischen Erkenntnisse sowie der riesige Effekt von Rhythmisierten vs. geballtem Unterrichten (d=0,71) belegen dies eindrucksvoll. Sieht man vom (sehr speziellen) reziproken Unterrichten (d=0,74) ab, so ist keine Erarbeitungsmethodik ähnlich effektiv. Darüber hinaus gefährdet man massiv den Erfolg weiteren Erarbeitens, wenn das dazu notwendige Vorwissen nicht wachgehalten wird.

Nichts ist wichtiger beim Erarbeiten als das Vorwissen.

Leider werden diese Erkenntnisse gerade im Mathematikunterricht häufig ignoriert oder zumindest nicht konsequent berücksichtigt. Wir müssen von den konsequent in einigen Wochen durchgenommenen, geübten und abgeschlossenen Stoffgebieten wegkommen, die in der nächsten Klassenarbeit geprüft werden und dann Platz machen für ein neues, isoliert betrachtetes Stoffgebiet.

Neben einem durchgängigen Unterrichtsstrang, in dem ständig neues Wissen erarbeitet wird, muss es einen ebenfalls durchgängigen Strang des Wiederholes geben. Stoffgebiete sind dann nie (ganz) abgeschlossen und werden wachgehalten und in verschiedenen Klassenarbeiten geprüft (Der Hirnforscher Manfred Spitzer plädiert sogar dafür, in Klassenarbeiten nie den aktuellen, sondern nur den wiederholten Stoff abzufragen.). Die beiden Unterrichtsstränge des Erarbeitens und Übens sind z.T. bewusst getrennt voneinander („Isoliertes Üben“) oder berühren sich („Bereitstellen von Vorwissen“, „Integriertes Üben“).

Diese Vorgehensweise erfordert eine übergeordnete Planung und eine Kultur des ständigen Wiederaufgreifens, wie sie in Kapitel 11 dargestellt wird. So führt man die geplanten Übungen zunächst nur bis zum Erreichen eines Mindeststandards durch. Weitere Übungen behält man sich vor, um sie nach Tagen, Wochen oder gar Monaten einzusetzen.

Als eine Steigerung dieses Vorgehens kann man nicht nur Übungen verteilen, sondern sogar ganze oder Teile von Unterrichtsgängen (Hatties oben genannter Effekt von 0,71 bezieht sich ausdrücklich auf verteiltes Üben und verteilten Wissenserwerb). Dann findet im zweiten Unterrichtsstrang auch ein ständiges Fortentwickeln von Wissen statt. Konsequent und sehr ambitioniert wird dieser Ansatz in den Klett-Werken „Mathematikbuch: Lernumgebungen“ dargestellt, wo praktisch alle Unterrichtsgänge verteilt unterrichtet werden. Weniger ambitioniert ist die Kultur des ständigen Fortentwickelns ebenfalls im Kapitel 11 ausgeführt.

 

weiter mit Einordnen des Wissens