Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

M 4 Hintergrundinformationen: Der Gella- und Hydrahandel

Was war das Neue dieser Vertriebsform, die zwischen 1899 und 1901 viel Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit erregte? In den Gella- und Hydra-Kaufhäusern mussten Coupons erworben und vom Käufer an weitere Interessenten erst wiederverkauft werden, bevor er die begehrten Markenprodukte – meist Uhren, Kleidung, Schuhe, Zigarren oder Fahrräder – erwerben konnte. Somit kam auch der „kleine Mann“ an Markenprodukte, die er sich sonst kaum leisten konnte. In den Kaufhäusern wurde somit nicht eingekauft, sondern nur getauscht – die Ware gegen ein Zertifikat, das die zuvor erbrachten Dienste, den Wiederverkauf der Coupons, dokumentierte. Je Bezugsschein kassierte das Kaufhaus 2 Mark. In großen Schaufenstern wurden die begehrten Produkte präsentiert, im Warenhaus konnte zwischen weiteren Ausstellungsflächen flaniert werden, über Anzeigen in den Tageszeitungen, die die öffentliche Kommunikation immer mehr intensivierten, wurde kräftig Werbung gemacht.
Somit wandelte sich das Konsumentenverhalten grundlegend: Durch die Produkte wurden Bedürfnisse geweckt, die zuvor für breite Bevölkerungsschichten gar nicht im Bereich des Möglichen lagen. Auch musste eine bislang nicht gekannte Bedürfnisaufschiebung erfolgen, da erst der Wiederverkauf der Coupons erledigt werden musste, bevor man die begehrte Ware in den Händen halten konnte.  Während die Hydra-Kaufhäuser diese Vertriebsidee aus Frankreich und der Schweiz übernahmen, entlehnte das Gella-Kaufhaus seine Ideen aus England. Ein Coupon des Warenhauses „Gella“ kostete 2 Mark, hinzu kamen sechs Coupons, für die der Käufer nochmals 12 Mark zahlen musste. Dann konnte er jedoch aktiv werden: Gelang es ihm, diese Coupons wieder für je 2 Mark zu verkaufen und gelang dies auch seinen sechs Abnehmern, konnte er die begehrten Produkte zu Spottpreisen erwerben und so ein Schnäppchen machen, obwohl er nur 2 Mark investiert hatte! Es entstand somit ein Couponhandel, der nach dem Prinzip des „Schneeballsystems“ funktionierte. Es erfolgte innerhalb kurzer Zeit eine schnell ansteigende Ausgabe an Coupons, das Risiko für den potentiellen Käufer bestand darin, auf bis zu 14 Mark Investitionen sitzenzubleiben, falls der Markt übersättig und keiner mehr bereit war, weitere Coupons zu kaufen - Voraussetzung dafür, die begehrte Ware zu bekommen. Die Chance, ein Produkt zu erwerben, von dem breite Konsumentenkreise nur träumen konnten, wog die Gefahr jedoch für viele auf. Erst 1901 verboten die Gerichte diese Art des Vertriebs, der ab 1900 auch mit Lotterien gekoppelt war, nachdem zahlreiche Mittelstandsvereinigungen geklagt hatten, Massenorganisationen, die Ende des 19. Jahrhunderts in den einzelnen Branchen entstanden, um deren Interessen zu bündeln. Alle Gella- und Hydra-Kaufhäuser waren zuvor in den Konkurs gegangen und Tausende von Konsumenten blieben auf ihren Coupons sitzen.

→ Arbeiten Sie aus M 4 heraus, welche neuen Erfahrungen durch die Gella- und Hydra-Kaufhäusern gemacht wurden.

 

Materialien: Herunterladen [docx][39 KB]

 

Weiter zu M 5 „Vorwärts“ zum Couponhandel