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M1 – Was ist Linguistik?

Einstiegsbeispiele

Schlecken Sie den Stüssel ins Schloss.

Unser Stirbchen bäumt.

Wir waren Pilze fangen.4

* Gestern er ist in München gewesen.

* Heute ich war schon einkaufen.

Die Esel wollten natürlich alle Kinder streicheln. (Lüdinghausener Kreiskurier)5

Hans: „Kannst du mir die Butter reichen?“

Werner: „Ja.“

Was ist Linguistik?

Die Linguistik beschäftigt sich mit den Eigenschaften der Sprachen, die von Menschen gesprochen werden (z. B. Deutsch, Englisch, Japanisch, Kreol, Bairisch etc.). Diese Sprachen bezeichnet man in der Linguistik als natürliche Sprachen, im Gegensatz zu den künstlichen Sprachen, wie etwa Programmiersprachen, die in der Informatik untersucht werden. Um die Eigenschaften von Sprachen besser beschreiben zu können, teilt man die Linguistik in der Regel in verschiedene Teilbereiche ein, die man auch die „fünf Säulen der Linguistik“ (vgl. Grafik) nennt.

Das Ziel der Linguistik ist, zu verstehen, was die Menschen befähigt, natürliche Sprachen zu erlernen, zu verstehen, zu produzieren oder auch zu vergessen. Eine weitere wichtige Frage beschäftigt sich mit den spezifischen Eigenschaften der Sprache und mit der Frage, was es heißt, über eine Sprachfähigkeit (im Gegensatz zu den Ausdrucksformen der Tiere) zu verfügen und in welchem Verhältnis die Sprachen zueinander stehen. Damit verbunden ist auch die Frage, wie wir unsere Sprachkompetenz erwerben. Da wir Menschen alle sprechen, aber in ganz unterschiedlichen Sprachen, kann es nicht sein, dass uns eine bestimmte Sprache angeboren ist. Unsere Muttersprache entsteht im Kindesalter durch den Kontakt mit der Umwelt − und das sehr schnell. Werden wir älter, erlernen wir weitere Sprachen meist nur sehr mühselig, so wie es viel Zeit kostet, Mathematik zu lernen. Die Untersuchung des Spracherwerbs ist ein wichtiger Bereich der Linguistik. Einige linguistische Theorien gehen davon aus, dass der Spracherwerb stark durch angeborene, also genetisch kodierte, mentale Strukturen unterstützt und letztendlich erst ermöglicht wird. Hier zeigt sich eine Nähe zu den Kognitionswissenschaften und der Biologie und in der Tat ist die Linguistik eine Geisteswissenschaft, die vielfältige Bezüge zu den Naturwissenschaften aufweist. 6

Die fünf Säulen der Linguistik

Fünf Säulen der Linguistik
Phonetik und Phonologie

Untersuchung von sprachlichen Lauten und Lautstrukturen

(vgl. Lautschrift im Englisch- oder Französischbuch)

Morphologie Analyse der Form und Struktur von Wörtern
Syntax Analyse des Satzes und seiner Bestandteile
Semantik Analyse der Bedeutung von Wörtern und Sätzen
Pragmatik Analyse von Äußerungen in ihrem Kontext7

Morphologie, Syntax, Semantik und Pragmatik − Einführung

Aufgabe

Bearbeite die folgenden Aufgaben und nenne zu den Aufgabenblöcken jeweils das Teilgebiet der Linguistik, das dir die passenden Erklärungsmodelle liefern kann!
(Teilweise gibt es mehrere Möglichkeiten.)

Teilgebiet (Aufgabe 1):

  1. Erläutere, warum die folgenden Sätze in dieser Form nicht in einem Zeitungsbericht stehen sollten!

    1. Reh flüchtet nach Unfall mit Mercedes. (Gelnhäuser Neue Zeitung)8

    2. 60 Beamte gingen gegen Urlauber mit Bierflaschen vor. (Hamburger Morgenpost)9

Teilgebiet (Aufgaben 2-3):

  1. Erläutere den Bedeutungsunterschied zwischen den Adjektiven groß und grau anhand der folgenden Beispiele!10

    1.  

      1. Da drüben läuft etwas Graues. Es ist ein Elefant.

      2. Da drüben läuft etwas Graues. Es ist eine Maus.

    2.  

      1. Da drüben läuft etwas Großes. Es ist ein Elefant.

      2. Da drüben läuft etwas Großes. Es ist eine Maus.

  2. Erkläre, inwiefern man auf enzyklopädisches Wissen (Weltwissen) zurückgreifen muss, um die Bedeutung des Farbadjektivs richtig zu erfassen!11

    1. ein grüner Apfel, ein grünes Heft

    2. eine rosa Grapefruit

    3. eine gelbe Orchidee

    4. ein blauer Kugelschreiber

    5. braune Augen

    6. ein blaues Auge

Teilgebiet (Aufgaben 4-6):

  1. Begründe, warum die Lehrer-Schüler-Kommunikation im folgenden Beispiel nicht funktioniert.
    (Wir gehen von der Annahme aus, dass der Schüler hier nicht die Absicht hat, seinen Lehrer zu provozieren.)

    Lehrer: Du kommst ja schon wieder zu spät!

    Schüler: Stimmt!

  2. Erkläre den Unterschied zwischen folgenden beiden Sätzen!

    1. Ein paar Vertreter der SMV waren dagegen.

    2. Ein paar Vertreter der SMV waren dagegen, vielleicht sogar alle.

  3. Benenne den Sachverhalt, der in den folgenden Beispielsätzen jeweils als gegeben vorausgesetzt wird!12

    1. Wir sind sehr traurig, dass die Situation nun fast hoffnungslos ist.

    2. Wenn Frau Meier wieder Klassenfahrten begleiten kann, müssen ihre zwei Söhne schon erwachsen sein.

Teilgebiet (Aufgaben 7-9):

  1. Donaudampfschifffahrtskapitän, Eierschalensollbruchstellenverursacher: Erläutere, welche Besonderheit der deutschen Sprache die Bildung derartiger Wörter ermöglicht!

  2. Erkläre mithilfe präziser Umschreibungen (Paraphrasen), warum beispielsweise für einen französischen Lerner der deutschen Sprache das zusammengesetzte Substantiv Kinderschnitzel im Vergleich mit Schweineschnitzel, Putenschnitzel, Kalbsschnitzel etc. befremdlich klingen könnte!

  3. Analysiere die Adjektive unzerstörbar, unkaputtbar, unverwüstlich hinsichtlich ihrer Bestandteile und erkläre, wieso unkaputtbar ungewöhnlich klingt!

Aufgabe

Suche selbstständig nach weiteren Beispielen (Besonderheiten, seltsame Formulierungen etc.), die sich ähnlich wie die oben angeführten Beispiele verhalten, und erkläre sie entsprechend!

 


5 Hohlspiegel, Der Spiegel 48/2011, © DER SPIEGEL GmbH & Co. KG; via spiegel.de (28.11.2011, zuletzt aufgerufen am 08.09.2020).

6 Universität Stuttgart, Institut für Linguistik, „Was ist Linguistik?“.

7 Zu diesen Kurzdefinitionen siehe auch Dipper et al., Linguistik, S. 11-15.

8 Der Spiegel 30/2012, S. 138, zitiert nach: Imo, Grammatik, S. 160.

9 Aus der Rubrik „Hohlspiegel“ der Spiegel-Ausgabe 27/2014: 1134, zitiert nach: Imo, Grammatik, S. 2.

10 Übungsaufgabe zur Semantik aus Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik (S. 178/Aufgabe 3a).

11 Vgl. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik, S. 176.

12 Für analoge Beispiele vgl. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik, S. 229; S. 231.

 

Phänomen Sprache: Herunterladen [docx][324 KB]

Phänomen Sprache: Herunterladen [pdf][650 KB]

 

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