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Das Grundmodell der Filmanalyse

Beim Grundmodell der Filmanalyse10 geht es immer um den Film als Ganzes – nur die Perspektive auf den Film wird verändert. Für die Interpretation eines Spielfilms kann weder die eine noch die andere Sichtweise außer Acht gelassen werden, die Figuren müssen ebenso in den Blick genommen werden wie die Bauform des Films. Um aber zum Ergebnis einer objektiv überprüfbaren Interpretation zu gelangen, ist ein systematisch-analytisches Instrumentarium vonnöten, bedarf es eben dieser unterschiedlichen Zugangsweisen zum Produkt Film. Dass diese Perspektiven im Schwierigkeitsgrad gestaffelt sind, ändert nichts daran, dass sich die Bedeutung eines Films bereits bei der Handlungsanalyse zeigen kann. Es ist nur sicherlich leichter, sich zunächst einmal auf dieser Ebene einem Film zu nähern, darüber mit den Schülern ins Gespräch zu kommen. Das Medium Film hat die Menschen seit jeher fasziniert, gerade weil man glaubt, etwas Reales zu sehen.11 Das kulturkonservative Bürgertum sträubte sich lange gegen das Medium Film, weil es als zu billig erachtet wurde. Dies verhinderte keineswegs den immensen Erfolg von Spielfilmen12 – und auch die Schule kann und will sich nicht der Tatsache entziehen, dass Spielfilme als komplexes ästhetisches Produkt gesehen werden müssen. Im Sinne eines erweiterten Textbegriffs ist auch ein Spielfilm Literatur. Schüler des Basisfachs Deutsch müssen in der Lage sein, das medial Dargestellte als Konstrukt zu begreifen und dieses sachgerecht und apsektorientiert analysieren und interpretieren zu können (vgl. BP 2016, 3.n.1.3.).

Für Schriftsteller und Filmemacher hingegen stellt sich – jenseits vom schulischen Kontext – zunächst einmal gleichermaßen die Frage, was sie erzählen wollen und wie sie diese Geschichte aufbauen. Doch eine originelle Filmstory und interessante Charaktere würden noch nicht garantieren, dass sich diese Story auch für das dramatische Erzählen eigne, das die Zuschauer mitreiße.13 Für Schneider gibt es strahlende Helden nur in der Werbung, das Publikum wolle hingegen Filmcharaktere sehen, die ihre Ziele konsequent verfolgen und starke Motive dafür haben. Sympathische Charaktere wie Alex oder auch Christiane Kerner müssten dabei auch Schattenseiten haben und (scheinbar) unsympathische Charaktere, die ebenfalls ihren eigenen Plan verfolgen würden wie beispielsweise Robert Kerner zu Beginn des Films, müsste man durchaus auch einmal leiden sehen.14

Genau diese Voraussetzungen bringt „GOOD BYE, LENIN!“ mit, die Story bewegt sich zwischen Tragödie und Komödie, die dramatische Grundsituation setzt noch vor dem Mauerfall ein. Sie bewegt sich auf der familiären Ebene der Hauptfiguren, kann aber keinesfalls losgelöst von den gesellschaftlichen und politischen Ereignissen betrachtet werden. Die Frage, wann das Publikum was erfährt – vor oder auch erst gleichzeitig mit den einzelnen Figuren, ist ebenso entscheidend bei der Beurteilung, wie erfolgreich filmisches Erzählen beim Publikum ankommt. Die emotionale Wirkung ist insbesondere dann sehr groß, wenn es gelingt, dass die Zuschauer an der Geschichte teilhaben, dass sie antizipieren, wie sich die Charaktere in der einen oder anderen Situation wohl entscheiden werden, um ihr jeweiliges Ziel zu erreichen. Vorhersehbar sollte dies allerdings nicht sein: Vielmehr geht es darum, Informationen so zu vermitteln, dass man sich als Kinobesucher zwei mögliche Optionen für den Ausgang der Geschichte vorstellen kann: einen guten und einen negativen.15

Ein Ziel der Filmanalyse und –interpretation im Deutschunterricht sollte es sein, das bewusste Sehen zu initiieren, die Kompetenzen zu vermitteln, um einen Film nicht nur anzuschauen, sondern „lesen“ zu können, indem man eben weiß, wie ein Film funktioniert. Exemplarisch soll dies beim hier vorgestellten Film umgesetzt werden.

 

10 vgl. Faulstich, Werner: Grundkurs Filmanalyse. Paderborn 2013, 3., aktualisierte Auflage, S. 28ff

11 vgl. Frederking, Volker/Krommer, Axel/ Maiwald, Klaus: Mediendidaktik Deutsch. Eine Einführung. Berlin 2012, 2. , neu bearbeitete und erweiterte Auflage, S. 149

12 vgl. ebd. S. 149f.

13 vgl. Schneider, Michael: Vor dem Dreh kommt das Buch. Die hohe Schule des filmischen Erzählens. Konstanz 2007, 2. Vollständig überarbeitete Auflage, S. 20

14 ebd., S. 20

15 ebd. S. 22ff

 

GOOD BYE, LENIN! - Konzeption: Herunterladen [docx][448 KB]

GOOD BYE, LENIN! - Konzeption: Herunterladen [pdf][830 KB]

 

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