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Grammatik und Stil

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Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Grammatik und Stil lautet der Titel einer [p]raktische[n] Grammatik des Deutschen von Hans Jürgen Heringer, die 1989 erschienen und heute leider vergriffen ist. Sie verbindet – wie der Titel schon sagt – die Darstellung grammatischer Phänomene mit der Betrachtung ihrer stilistischen Funktion und Wirkung.

Auch Wolfgang Menzel verknüpft Grammatik und Stil in seinen 55 Texte[n] erzählter Grammatik aus dem Jahre 2004 „zum Nachdenken und Genießen“ (Menzel 2004: 3). Anhand von 55 Texten, die von ihm selbst verfasst wurden oder aus der Literatur stammen, erläutert er eine Auswahl grammatischer Phänomene und ihre stilistische Wirkung in Texten. Ergänzt wird dies durch 23 Variationen eines Themas, in denen – in ähnlicher Weise wie Queneau in seinen Stilübungen – ein Text immer wieder neu, mit immer anderen grammatischen Schwer­punktsetzungen erzählt wird und auf diese Weise die stilistische Wirkung gramma­tischer Phänomene veranschaulicht.

Im Bildungsplan werden Grammatik und Stil ebenfalls verknüpft. Dort heißt es in den Leitgedanken zum Kompetenzerwerb für Deutsch :

Sprach-, Text- und Medienkompetenz setzen ein hohes Maß an sprachlichem Bewusstsein voraus. Dieses wird vor allem durch die Reflexion über eigenen und fremden Sprach­gebrauch, durch die Einsicht in den Systemcharakter der Sprache und durch den Erwerb von Sprachwissen gebildet. Im Zentrum der Sprachbetrachtung steht die Funktionalität der sprachlichen Phänomene: Der Weg führt deshalb von der Sprach­verwendung in eigenen oder fremden Texten über die systematische Reflexion zurück zum Sprach­handeln.

Der Sprach- und Grammatikunterricht soll die Schülerinnen und Schüler befähigen, über die eigene Sprache reflektiert zu verfügen, sich normgerecht auszudrücken und mit Sprach­normen zunehmend kritisch und kompetent umzugehen. Mithilfe ihres Sprach­wissens verbessern sie ihre Sprachkompetenz. Sie reflektieren die Funktion sprachlicher Besonder­heiten (zum Beispiel Sprachvarietäten, gender) und bedienen sich bei der Sprachreflexion einer angemessenen Terminologie. (Bildungsplan Gymnasium 2004: 78)

Hier werden zentrale Prinzipien des Deutschunterrichts formuliert; die einzelnen Bereiche des Deutschunterricht greifen ineinander: Grammatik­betrach­tung ist kein Selbstzweck, sondern immer funktional. Im Grammatikunterricht machen sich die SchülerInnen mit sprachlichen Phänomenen und Mitteln und ihren Möglichkeiten und Wirkungen vertraut („Sprachbewusstsein entwickeln“). Der Erwerb von gramma­tischem Wissen und das Nach­denken über Grammatik und Sprache führen zu einem vertieften Sprachbewusstsein, das bei der Analyse und Produktion von Texten genutzt wird („Lesen / Umgang mit Texten und Medien“). Texte werden besser verstanden, wenn man ihre Sprache (und ihren Stil) durch­schaut. In den Arbeitsbereichen „Sprechen“ und „Schreiben“ können die SchülerInnen ihr erlerntes Sprachwissen aktiv in sprachliches Handeln umsetzen; geschriebene Texte werden sprachlich (und stilistisch) besser, wenn man Sprache bewusst ein­setzen kann.

Wenn man die Stilkompetenz fördern möchte, ergeben sich folgende Konsequenzen für den Unterricht: Die Behandlung grammatischer Phänomene steht immer im Zusammen­hang mit ihrer stilistischen Betrachtung.

Der Grammatikunterricht enthält also immer vier Elemente:

  1. Die Erarbeitung (oder Wiederholung) des grammatischen Phänomens anhand der Leitfragen: Was ist das? Wie wird es gebildet? Wie wird es verwendet?
  2. Die Analyse der stilistischen Wirkung des grammatischen Phänomens in fremden Texten.
  3. Seine produktive Aneignung durch das Schreiben von Texten.
  4. Die Reflexion über die stilistische Möglichkeiten in eigenen Texten.

Während der Grammatikunterricht in den Klassen 5 bis 8 noch eine recht große Rolle spielt (wenngleich der Umfang von Jahr zu Jahr abnimmt), hat man den Eindruck, dass grammatisches Wissen bei SchülerInnen der höheren Klassen zunehmend in Vergessenheit gerät. Das bleibt nicht ohne Folgen: Die sprachliche und stilistische Analyse von Texten (und damit auch die Interpretation) bleibt oberflächlich oder fällt schwer, weil Phänomene nicht erkannt oder beschrieben (und nicht gedeutet) werden können – dies sieht man vor allem in Aufsätzen in der Kursstufe. Die Verständigung über die eigene Verwendung der Schriftsprache ist ebenfalls erschwert, und auch im eigenen Schreiben können die Schüler und Schülerinnen stilistische Mittel nicht bewusst einsetzen.

Dieses Problem der mangelnden Nachhaltigkeit lässt sich nur dadurch lösen, dass auch in höheren Klassen die Sprachbetrachtung und der produktive Umgang mit Grammatik und Stil gepflegt werden.

Dies kann in allerlei Zusammenhängen geschehen: bei der Beschäftigung mit Sprache in den Medien, bei der Analyse und Interpretation literarischer Texte, beim gestaltenden Interpretieren, bei der Untersuchung von Essays und beim essayistischen Schreiben, beim Schreiben von Briefen...

 

Literatur

Heringer, Hans-Jürgen: Grammatik und Stil. Praktische Grammatik des Deutschen. Frankfurt: Cornelsen Hirschgraben, 1989.

Menzel, Wolfgang: 55 Texte erzählter Grammatik. Braunschweig: Westermann, 2004.

 

 

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Grammatik und Stil: Herunterladen [pdf] [54 KB]