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Schreibbegleitung

Die Schreibbegleitung ist das zentrale Instrument zur Verstetigung des Schreibens und zur Entwicklung der verschiedenen Schreibkompetenzen. Sie ist damit mindestens so wichtig wie fruchtbare Schreibimpulse oder –aufträge. 1 Dies gilt besonders dann, wenn die didaktischen Ziele der Schreibförderung die Schreibkompetenz, die Schreibmotivation sowie das Nachdenken über Gegenstand und Text umfassen. Die erste Textfassung entsteht ja in der Regel vor allem mit Blick auf den Schreibgegenstand, der entstehende Text, aber auch Stärken und Schwächen des eigenen Schreibens stehen eher im Hintergrund der Aufmerksamkeit. In der Praxis erweist es sich manchmal als aufwendiger, das einmal angestoßene Schreiben weiter im Blick zu behalten bzw. wirksam zu begleiten, als zündende Impulse einzusetzen, obwohl über den Wert der Überarbeitung grundsätzlich kein Zweifel besteht. Eine nachhaltige Schreibbegleitung ist aber für die wirksame Entwicklung der verschiedenen Schreibkompetenzen unabdingbar. Auch ist der Verzicht auf eine intensive Schreibbegleitung ein unglückliches Signal an die Schülerinnen und Schüler, die ja gerade die kontinuierliche Arbeit an Texten und am eigenen Stil als nützlich erfahren sollen. Die Möglichkeiten, zur Verstetigung des Schreibens beizutragen, lassen sich im Wesentlichen den Bereichen der Rückmeldungen und der verschiedenen Überarbeitungstechniken zuordnen. In der Folge werden beide Bereiche am Beispiel kreativen Schreibens beleuchtet, die Aussagen sind aber im Wesentlichen auf die anderen Bereiche des Schreibens übertragbar. 2

Rückmeldungen zu kreativen Schülerleistungen

Kann man über so individuelle Dinge wie kreative und persönliche Texte auf Grundlage individueller Konstruktionen überhaupt beratend und bewertend sprechen? Zumindest wesentliche Aspekte sind der Beratung und Bewertung durchaus zugänglich. Es lässt sich gut prüfen, wie gut die Vermittlung des Gemeinten an den Leser funktioniert, ebenso, wie weit die Differenzierung oder das Nachdenken über das Wahrgenommene reicht. Das grundlegend Sprachliche schließlich wird ja ohnehin in jeder schulischen Leistung mit bewertet.

Wichtig ist aber auch, dass nicht alles bewertbar ist, bzw. uns nicht zu allem ein Urteil zusteht. Die eigentlichen Inhalte und wie etwas erlebt wird, bleiben Eigentum und Hoheitsbereich des Schreibenden. Das heißt nicht, dass in diesem Bereich keine Rückmeldung möglich ist, es verbietet sich nur die Bewertung im Sinne einer Note. Das Feld für bewertende Rückmeldungen ist das Handwerkliche und das, was vermittelt wird und werden kann.

Bewertbare und überarbeitbare Aspekte kreativ geschriebener Texte sind:

  • Sprachrichtigkeit,
  • Textkohärenz,
  • Vermittlung von Sichtweisen und Eindrücken,
  • Sachrichtigkeit bei Beschreibungen von Gegebenheiten und Abläufen.

Wichtig ist dabei der Zusammenhang zwischen Operatoren in der Aufgabenstellung und Fokussierung der Rückmeldung.

Weiterhin steht aber auch das sich der Bewertung Entziehende der beratenden Rückmeldung offen. Hierzu gehören die Bereiche:

  • Stärke des Eindrucks, den der Text auf Leser, seien das nun Mitschüler oder eine Lehrperson, ausübt.
  • Mögliche Irritationen, die durch Stil oder Textaufbau entstanden sind.
  • Durch den Text aufgeworfene, aber nicht beantwortete Fragen, im Grunde also Einladungen zum Weiterdenken und –schreiben.
  • Sich dem Leser aufdrängende Ideen für denkbare Weiterungen.
  • Überhaupt der große Bereich der Lesererwartungen.

Hier kann eine Überarbeitung vorgeschlagen, nicht aber gefordert werden. Problematisch werden Rückmeldungen da, wo sie das Weltbild oder sehr persönliche Überzeugungen des Schreibenden berühren. Natürlich ist auch hier eine Rückmeldung oder ein Gesprächsangebot möglich, man verlässt hier aber den Bereich der Schreibförderung.

Überarbeitungsmöglichkeiten

Schülerinnen und Schüler neigen in der Regel eher zum Neuschreiben als zur Überarbeitung bereits fertiggestellter Texte. Gelingende Schreibförderung ist aber darauf angewiesen, dass an Texten auch nach der ersten Fertigstellung gearbeitet wird. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass sich an Defiziten in der Schreibkompetenz intensiver und zielgerichteter arbeiten lässt, wenn dies an genau der Stelle in einem Schreibprodukt geschieht, an der das Defizit manifest wird. Über die Orientierung an Defiziten hinaus aber kann es in der Überarbeitung gelingen, die gedankliche und emotionale Leistung, die sich im Geschriebenen abbildet, weiter zu entwickeln, als sie beim Erstellen der ersten Textfassung angelegt war. Zu einer solchen Überarbeitung gehören natürlich Rückmeldungen von Lehrpersonen ebenso wie von Mitschülern, aber auch Verfahrensweisen der weiteren Arbeit. Nachfolgend einige Möglichkeiten, wie überarbeitet werden kann. Es versteht sich dabei von selbst, dass eine den Namen verdienende Überarbeitung über Korrekturen und überhaupt die Arbeit an Defiziten hinausgehen muss.

  • Wörter, die sich im Textzusammenhang oder isoliert als nicht treffend herausstellen, können in einer Wortsammlung mit Alternativen verglichen werden. Hier entsteht die Möglichkeit zu besonders textnahem Schreiben. Die Verwendung von Wörterbüchern ist übrigens dabei durchaus statthaft.
  • Zur Arbeit am eigenen Stil, den die Überarbeitung mit sich bringt, gehört die Schärfung des eigenen Fehlerprofils.
  • Die Weglassprobe besteht darin, dass man ausprobiert, was alles an Textbestandteilen gestrichen werden kann, ohne dass der Inhalt, die Struktur oder die ästhetische Wirkung litten.
  • Andererseits kann eine Ausgestaltung eher knapper Angaben dabei helfen, die in einem Text geschaffene Stimmung zu intensivieren.
  • Zur Überarbeitung eines Textes kann auch das Ergänzen bisher fehlender oder sich nach der ersten Fertigstellung anbietender Textteile gehören.
  • Den eigenen Text von einer fremden Person vorgelesen zu hören, löst häufig den Wunsch nach spontaner Überarbeitung inhaltlicher oder formaler Art aus.
  • In diesem Zusammenhang bietet sich besonders Arbeit an der Textkohärenz, bzw. an der Logik des Darstellungsganges an, die den Blick auf das Textganze erfordert.
  • Durch umfangreichere Überarbeitungen entstehen häufig neue Anforderungen, zum Beispiel an die Bezüge einzelner Passagen zueinander. Ursprünglich eng beieinander liegende Textteile können nun weit voneinander entfernt sein, sodass deutlichere Bezüge hergestellt werden müssen.
  • Das Weiterdenken des Textes beim Überarbeiten macht nicht nur den Text besser. Es differenziert sich auch das Nachdenken über den Gegenstand und die Aussagen über ihn. Es kommt also in Verbindung mit der Entwicklung des Schreibens zu einer Entwicklung des Nachdenkens.
  • Das Liegenlassen lässt Distanz zum eigenen Text entstehen und führt bisweilen von selbst zur Überarbeitung, weil ursprünglich getroffene Aussagen inzwischen überholt sind.
  • Es müssen nicht nur Endfassungen dokumentiert werden. Bisweilen lohnt es sich sehr, Vergleiche zwischen Stadien der Fertigstellung zur Feststellung von Lernerfolgen zu nutzen.

Und dann?

Es lohnt sich durchaus, sich Gedanken darüber zu machen, was mit fertiggestellten Schülerarbeiten geschehen soll, wiewohl im Sinne der Schreibförderung der Schreibprozess wichtiger ist als das Schreibprodukt. Dennoch kann es der Schreibmotivation sehr dienlich sein, Würdigungsmöglichkeiten für Geschriebenes zu finden. Je nach Klassenstufe kann die Klassenöffentlichkeit als Ansporn und Maßnahme der Wertschätzung ausreichen, vor allem in der Unterstufe, es ist aber dort, wie auch bei älteren Schülern, sinnvoll, über die eigene Klasse oder gar über die Schule hinauszudenken. Der Abschnitt „Wettbewerbe und Anlaufstellen“ bietet einige Anregungen.

 


Siehe zum Beispiel: Matin Fix: Textrevisionen in der Schule. Prozessorientierte Schreibdidaktik zwischen Instruktion und Selbststeuerung . Baltmannsweiler 2000.

Allgemein zum Thema siehe auch: Jürgen Baurmann: „Geschriebenes beurteilen“. In: Praxis Deutsch, Sonderheft „Schreiben“ .

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