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Die Wirkung der Gravitation

Vorbereitung (Stunden 4 bis 6 von 8):

https://www.youtube.com/watch?v=K1v2IN5YIy8
http://www.mabo-physik.de/erdumlaufbahn.html
03_euw_ppt_die_erste_kosmische_geschwindigkeit.pptx
01_euw_ppt_keplergesetze.pptx (Herleitung 3. Kepler; ab Folie 10)

Kopieren der Arbeitsblätter:
03_euw_ab_gravitationsgesetz.docx
04_euw_ab_geostationaere_umlaufbahn.docx
05_euw_ab_der_ortsfaktor_auf_der_iss.docx
06_euw_ab_das_gravitationsfeld.docx

Unterrichtsablauf (Stunden 4 bis 6 von 8):

In den folgenden drei Stunden ist es das Ziel herauszufinden, welche Geschwindigkeiten erreicht werden müssen, um auf erdnahen Umlaufbahnen (im Fachjargon „LEO“: Lower Earth Orbit) bleiben zu können aber auch, wie sich das Gravitationsfeld bezüglich des Abstandes zu einem Massezentrum verändert.

Zur Einstimmung ist der Videoausschnitt des Speerwurfs von Obelix bei „Asterix bei den Olympischen Spielen“ https://www.youtube.com/watch?v=K1v2IN5YIy8 sehr nett, verbunden mit der Frage, welche Geschwindigkeit der Speer von Obelix haben musste. Die Schülerantworten fallen in jeder Hinsicht spektakulär aus.

Qualitativ hilft die Simulation von Matthias Borchardt weiter (http://www.mabo-physik.de/erdumlaufbahn.html), man versucht die Geschwindigkeit zunächst so einzustellen, dass die Erde umrundet werden kann.

In der Anfangseinstellung startet das Objekt in 400 km Höhe (das entspricht etwa der Flughöhe der internationalen Raumstation ISS) aber die Geschwindigkeit genügt noch nicht, um die Erde zu umkreisen. Eine Anpassung der “Startgeschwindigkeit“ auf 27 201 km/h erreicht das Ziel. Allerdings ist nun der Abstand zur Erdoberfläche im Perigäum sehr gering, was in der Realität zu echten Problemen führen würde (Hochhäuser etc.). Abgesehen davon würde die Reibung in der Atmosphäre zu einer so starken Abbremsung führen, dass das Raumschiff abstürzt. Die Reibung ist hier aber in der Simulation nicht berücksichtigt.

(Anmerkung: Mit 27 625 km/h erhält man eine nahezu kreisförmige Bahn.)

Nun geht es darum eine Geschwindigkeit zu finden, bei der ein Objekt in der niedrigsten Starthöhe (in der Simulation ist das 1km) gerade um die Erde herumkommt (28 477 km/h), dies entspricht dann letztlich der 1. kosmischen Geschwindigkeit von 7,9 km/s.

Mit der Präsentation 03_euw_ppt_die_erste_kosmische_geschwindigkeit wiederholt man nochmals kurz das Gesehene: Ein Körper fällt einfach beschleunigt auf die Erde zu, wenn er sich im Weltall zuvor nicht bewegt (wie der Apfel vom Baum) (Folie 2). Gibt man ihm eine Geschwindigkeitskomponente tangential zur Erdoberfläche, so wird er zunächst annähernd auf einer Parabelbahn auf die Erde zufallen (Folie 3 und 4). (Anm.: Es handelt sich nur um eine Parabel, solange man das Gravitationsfeld als homogen betrachtet. Da dieses aber radial ist, wird die Bahnkurve zur Erde hin „verbogen“. Betrachtet man großräumige Bewegungen, wird die Bahnkurve zu einer Ellipse). Auf Folie 5 ist zu sehen, wie das Raumschiff im radialen Gravitationsfeld „um die Erde herumfällt“.

Möglicher Tafelanschrieb:

Tafelanschrieb Erdnahe Flugbahnen

Abbildung 3: S. Hanssen

Die Gravitationskraft wirkt als Zentripetalkraft, daraus erhält man den Wert der Geschwindigkeit. Die Zentripetalkraft kennen die Schüler wahrscheinlich noch nicht, aber lernen sie im Physikunterricht kennen. Dem muss und sollte man nicht vorgreifen. Es genügt hier Überlegungen anzustellen, von welchen Größen eine Kraft abhängt, mit der man einen Körper auf eine Kreisbahn zwingen möchte. Dies kann mit Folie 6 und 7 geschehen:

Je-desto-Überlegungen führen fast schon zur Formel, einzig das Quadrat bei der Geschwindigkeit bleibt ungenannt. Dieses wird ergänzt und auf den Physikunterricht verwiesen (dort kann z.B. durch Einheiten-Vergleich das Quadrat erarbeitet werden).

Fortsetzung Tafelanschrieb:

Fortsetzung Tafelanschrieb

Abbildung 4: S. Hanssen

Auf der Folie 8 wird die 1. kosmische Geschwindigkeit hergeleitet. Die Schüler können und sollten die Schritte ab FG = FZ bis zum Ergebnis selbst durchführen, die Präsentation bestätigt die Rechnung nur nochmals. Folie 9 definiert die 1. kosmische Geschwindigkeit.

Es lohnt sich, dass die Schüler durch eigene Rechnung feststellen, dass das „m“ verschwindet! Es gibt sie, die Schüler, die das auch richtig interpretieren! Es wäre fatal, wenn die Geschwindigkeit massenabhängig wäre, das gäbe u.a. auf der ISS ein Chaos...

Fortsetzung Tafelanschrieb:

Fortsetzung Tafelanschrieb

Werden die Abstände größer, verändert sich auch der Ortsfaktor nach

F Z = m v 2 r

Dies wird mit dem Arbeitsblatt 03_euw_ab_gravitationsgesetz besprochen: Der bislang immer präsente und fast schon als „Naturkonstante“ gehandelte Wert g = 9,81 m/s2 kann für größere Höhen nicht mehr verwendet werden.

Zunächst stellen die Schüler fest, dass in diesem Wert die zentrale Masse (hier zunächst die Erde) und der Erdradius eine Rolle spielen und je nach Zentralkörper unterschiedlich ist: Auf der Mondoberfläche ist g = 1,6 m/s2, während der Ortsfaktor auf der Sonnenoberfläche beträchtliche 274 m/s2 annimmt.

Die ISS benötigt für eine Erdumrundung etwa 1,5 h in 400 km Höhe, der Mond benötigt hierfür 27,32 d in 384 000 km Entfernung. Dazwischen muss es also eine Bahn geben, bei der die Umlaufdauer der Rotationsdauer der Erde entspricht.

Das Arbeitsblatt 04_euw_ab_geostationaere_umlaufbahn wendet das nun an: Will man einen geostationären Satelliten haben, so soll dieser über einem bestimmten Punkt der Erde bleiben. Hierzu muss er auf einer äquatorialen Bahn sein, da sonst die Drehrichtungen des Satelliten und der Erde in unterschiedliche Richtungen weisen. Er benötigt eine Umlaufzeit von 23h 56 min. Diese Zeit benötigt die Erde für eine exakte 360° - Drehung.

Anmerkung: 24h braucht die Erde, um bezüglich der Sonne wieder die gleiche Richtung zu haben. Dies ist aufgrund der jährlichen Bewegung der Erde um die Sonne jeden Tag etwa ein Grad mehr (361°) und entspricht etwa den fehlenden 4 Minuten.

Setzt man die Bedingungen ein (s. 04_euw_ab_geostationaere_umlaufbahn_loesung), erhält man für die geostationäre Umlaufbahn eine Höhe von 36 000 km über der Erdoberfläche.

Oft wird von „Schwerelosigkeit“ gesprochen, wenn es um Raumfahrtmissionen geht. Dieser Effekt wird häufig fälschlicherweise mit fehlender Gravitation oder noch schlimmer als „Gleichgewicht“ zwischen Zentripetal- und Zentrifugalkraft erklärt, dies ist physikalisch alles unsinnig!

Arbeitsblatt 05_euw_ab_der_ortsfaktor_auf_der_iss zeigt zunächst, dass der Ortsfaktor auf der ISS mit etwa 8,69 m/s2 nur etwas kleiner als der an der Erdoberfläche ist. Die ISS befindet sich im freien Fall! Da sie aber eine hohe horizontale Geschwindigkeit hat, und die Erde nicht flach sondern rund ist, fällt sie an der Erde vorbei, wie alles in ihr. Dies führt zum Gefühl der Schwerelosigkeit, wie sie auch bei Parabelflügen simuliert wird, es ist aber keine!

Ein Gleichsetzen von Zentrifugal- und Zentripetalkraft ist ein Vergleich in zwei verschiedenen Bezugssystemen, einer Scheinkraft und einer realen Kraft. Das lassen wir besser sein, ist nur verwirrend, falsch und wird auch nicht benötigt. Die Kraft ist ja da: Sie ist die benötigte Zentripetalkraft für die Kreisbahn um die Erde.

Mit dem Wissen um die Gravitations- und Zentripetalkraft kann das dritte Keplergesetz unter der Annahme des Sonderfalls einer Kreisbahn hergeleitet werden. Anmerkung: Die viel kompliziertere, allgemeine Herleitung über den Drehimpuls führt zum gleichen Ergebnis. 😀
01_euw_ppt_keplergesetze (Herleitung des dritten Keplergesetzes: Beginn mit Folie 10)

Möglicher Tafelanschrieb:

Fortsetzung Tafelanschrieb

Dass die Annahme eines Kreises für die Planetenbahnen (Folie 11) nicht ganz falsch ist, zeigen demonstrativ die Folien 13 bis 20. Die Brennpunkte sind jeweils mit grünen Kreuzchen gekennzeichnet.

Auf Folie 12 wird zuvor noch die numerische Exzentrizität ε erklärt. Sie gibt das Verhältnis von Brennweite e zur großen Halbachse a einer Ellipse an (ε = e/a). Sie ist bei einem Kreis null, da die Brennpunkte im Mittelpunkt des Kreises vereint sind und somit e = ε = 0 ist.

Für alle Planeten sind diese Exzentrizitäten ε auf den Folien angegeben:

Merkur: 0,2056; Venus: 0,0068; Erde: 0,0167; Mars: 0,0935; Jupiter: 0,0484;
Saturn: 0,05648; Uranus: 0,0472; Neptun: 0,00859; Pluto: 0,2488; Sedna: 0,841

Wie sich das optisch auswirkt, ist nur für die Planeten Merkur bis Mars und für zwei der Zwergplaneten Pluto und Sedna dargestellt, sonst langweilt das, weil man eh´ nichts sieht:

Bei Merkur und Mars sind bereits nur minimale Abweichungen zu erkennen, bei Venus und Erde sind diese sogar so gering, dass sie auf der Folie gar nicht auflösbar sind:
Der Vergleichskreis (orange) und die „Ellipse“ (rot) haben hier exakt die gleiche Größe. Falls irgendwelche Schüler doch einen vermeintlichen Unterschied sehen: Der Vergleichskreis hat auf der Folie einen Radius von 8,1 cm. Für die Erde ist ε = 0,0167. Das führt zu einer Brennweite von e = ε ∙ a = 0,0167 ∙ 8,1 cm = 0,1353 cm. Mit der Rechnung aus der Präsentation 00_euw_ppt_ellipse, Folie 5 ist b2 = a2 - e2. Somit hat die kleine Halbachse auf der Folie eine Länge von b = 8,0989 cm. Der Unterschied ist weder darstell- noch erkennbar!

In realen Zahlen heißt dies für die Erde: Die große Halbachse a hat 149,598 Mio. km, die Brennpunkte befinden sich knapp 2,5 Mio. km von der Ellipsenmitte entfernt. In einem davon befindet sich die Sonne. Dies wiederum bedeutet, dass sich die Erde im Perihel (dem sonnennächsten Punkt) 147,1 Mio. km und im Aphel (sonnenfernster Punkt) 152,1 Mio. km von der Sonne entfernt befindet.

Nebenbei bemerkt: Da wir uns am 3. Januar im Perihel und am 3. Juli im Aphel befinden, kann der Abstand zur Sonne wohl nicht für die Jahreszeiten ausschlaggebend sein…

Folie 17 zeigt die Orbits der inneren Planeten maßstäblich (Planeten sind nicht maßstäblich!) und demonstriert die Umlaufdauern im Verhältnis (1 Sekunde entspricht einem Monat).

Sedna hat einen Durchmesser von etwa 1000 km, gehört zu den transneptunischen Objekten und bewegt sich außerhalb des Kuipergürtels (vgl. IMP 8: 02_euw_ppt_unser_sonnensystem_im_universum, Folie 30) auf einer hochgradig elliptischen Umlaufbahn um die Sonne (Perihel: 76 AE, Aphel: 883 AE). Hier sieht man deutlich die Ellipsenform (Folie 20).

Nun kann man zum Beispiel Zentralmassen bestimmen:

Fortsetzung Tafelanschrieb:

Fortsetzung Tafelanschrieb

Eine weitere Anwendung des Gravitationsgesetzes ist die Möglichkeit festzustellen, wie weit ein Gravitationsfeld dominiert.

Mit dem Arbeitsblatt 06_euw_ab_das_gravitationsfeld kann berechnet werden, dass bei der Wechselwirkung der Gravitationsfelder von Erde und Mond der Einfluss des Mondes bereits nach knapp 43 000 km (ca. 10% des Abstandes von Mond und Erde) vernachlässigbar wird. Das Apollo-Raumschiff musste also nur in etwa diesen Abstand gebracht werden und konnte sich dann von der Erde „einfangen“ lassen.

Hinweis:
Dieser so errechnete Abstand ist „in der Nähe“ des sogenannten inneren Lagrange-Punkts L1 des Systems Erde-Mond (58 000 km vom Mond entfernt): Das ist der Punkt, an dem ein Kräftegleichgewicht zwischen der Gravitationskraft von Mond und Erde herrscht. Es wäre aber leider zu einfach, L1 auf diese Weise zu ermitteln. Lagrange-Punkte berechnen sich als eingeschränktes Dreikörperproblem, wofür es analytische Lösungen (von Lagrange und Euler) gibt. Kurz: So geht es nicht und sollte auch nicht verwechselt werden.

Bei Mondmissionen entfernt sich ein Raumschiff letztlich nie aus dem Gravitationsbereich der Erde, schließlich ist ja auch der Mond in seinem Einfluss.

Um das Gravitationsfeld eines Himmelskörpers zu verlassen, benötigt man die zweite kosmische Geschwindigkeit die nun in den folgenden zwei Stunden thematisiert wird.

 

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