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Schlussaufgabe

Vergleichen Sie mit Hilfe des Ihnen vorliegenden Textmaterials (Seneca-Texte aus Kapitel 6, Cicero-Texte aus Kapitel 7 einschließlich der beiden unten noch folgenden) die Lehren der Stoa und Epikurs im Bereich der Ethik. Arbeiten Sie Gemeinsamkeiten und Unterschiede heraus und bedenken Sie insbesondere, welche Konsequenzen die unterschiedliche Definition des höchsten Gutes nach sich zieht.

Text 4: Torquatus (Cicero) noch einmal über Epikurs Vorstellung vom glücklichen Leben:

Clamat Epicurus, is, quem vos nimis voluptatibus esse deditum dicitis, non posse iucunde vivi, nisi sapienter, honeste iusteque vivatur, nec sapienter, honeste, iuste, nisi iucunde.

Cicero, de fin. 1,57

clamare: verkünden, betonen; vos: damit sind die Kritiker der epikureischen Philosophie gemeint.
deditus, a, um: (einer Sache) ergeben, konzentriert auf

Text 5: Seneca über einen wesentlichen Unterschied zwischen epikureischer und stoischer Schule

Epicurus ait : "Non accedet ad rem publicam sapiens, nisi si quid intervenerit." 
Zenon ait: "Accedet ad rem publicam, nisi si quid impedierit."
Alter otium ex proposito petit, alter ex causa.

Seneca, De otio 3

accedere ad r. p.: sich politisch betätigen, sich für die politische Gemeinschaft engagieren

Zenon: Begründer der Stoa;

 propositum, i n: Vorsatz, Absicht

Aus den Texten geht hervor, dass Epikur keineswegs ein Leben in Saus und Braus und hemmungsloser Lusterfüllung propagiert. Dauerhafte Lust setzt einen vernünftigen (ratione), maßvollen, an sittlichen Werten orientierten (sapienter, honeste, iuste) Umgang mit den Genüssen des Lebens voraus. Was also die konkreten Empfehlungen für die persönliche Lebensgestaltung betrifft, liegen Epikur und Stoa in vielem sehr nahe beieinander. Ein wesentlicher Unterschied besteht allerdings darin, dass nach der Lehre der Stoa der Mensch viel stärker der politischen Gemeinschaft verpflichtet ist, während Epikur mehr das ganz individuelle Glück im kleinen Kreis anstrebt. Diese unterschiedliche Sichtweise ergibt sich aus der unterschiedlichen Bestimmung des höchsten Gutes:

Schlussaufgabe

Wenn nach Epikur voluptas das höchste Gut und dolor das größte Übel ist, dann liegt es nahe, soweit es möglich ist, alles zu meiden, was Schmerzen, Sorgen, Ängste verursachen kann, zumindest, sofern dadurch nicht eine höherwertige Freude erreicht wird. Von daher erklärt sich der von Epikur empfohlene Rückzug ins Private (Non accedet ad rem publicam sapiens, nisi si quid intervenerit; otium ex proposito petit), denn Politik ist ein aufreibendes Geschäft, das die angestrebte voluptas beeinträchtigen kann.

Wenn ich aber virtus im Sinne der sittlichen Vorbildlichkeit als höchstes Gut definiere, dann steht nicht die Schmerzvermeidung im Vordergrund, sondern die Verwirklichung der virtus, die sich ganz besonders im Einsatz für die politische Gemeinschaft bewähren kann.

 

Ausblick: Eine andere Vorstellung vom höchten Gut und vom Glück: Herunterladen [docx][45 KB]

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