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Vorüberlegungen und methodische Hinweise

Das Problem: Eine Flut perfekter Bilder und ein schwieriger Text

Man stelle sich den größtmöglichen medialen Kontrast zur konzentrierten Lektüre eines lateinischen Originaltextes aus dem Epos vor: Vielleicht säße man dann, versehen mit einer 3D-Brille, in einem Kino, in dem man in einem atemberaubenden Kameraflug aus der Perspektive eines Piloten auf den Grund eines Canyons zurast, während der Kinosessel vibriert und man den Lufthauch im offenen Doppeldecker spürt. Oder man wäre in einem aufwändig animierten Computerspiel Teil einer Kampftruppe, die entscheiden muss, in welches unbekannte Land sie als nächstes aufbricht, um im Kampf gegen gefährliche Monster einen wertvollen Schatz zu erobern.

Dieses kleine Gedankenexperiment kann helfen, sich die Sehgewohnheiten und medialen Rezeptionsmuster heutiger Schülerinnen und Schüler (fortan SuS) vor Augen zu führen. Und zugleich illustriert es die Schwierigkeit, genau diese SuS an die Komplexität eines lateini­schen Textes wie der „Metamorphosen“ des Ovid heranzuführen: Wie große gedankliche Anstrengung und wie viel mühsam zu beschaffendes Wissen sind im Vergleich nötig, um den Sinn einer Verwandlungssage zu erfassen! Und: Welcher Raum bleibt bei solchen Rezeptionsbedingungen für ein wirkliches Leseerleben oder gar einen Lesegenuss?

Die hier vorgestellte Unterrichtseinheit möchte den beschriebenen Kontrast produktiv nutzen, um SuSn zunächst eher unerwarteten und unmittelbaren Zugang zu der Bilder- und Vorstellungswelt zu eröffnen, die Ovids Werk im Kopf seiner Leser*innen entstehen lässt – ohne dass die lateinische Sprache schon bei den ersten Schritten zum unüberwindlichen Hindernis wird. Die Tatsache, dass in den „Metamorphosen“ häufig visuelle Strategien eingesetzt werden, die sich sehr treffend mit Techniken beim Dreh eines Films vergleichen lassen, kann SuSn ein unmittelbares Verständnis für diese Strategien eröffnen. Zugleich bietet dies Anlass zur Reflexion darüber, wie ein literarischer Text ein ‚Kopfkino‘ beim Leser in Gang setzt. Nach dem ersten Zugang, der durch den Einsatz digitaler Medien unterstützt wird, werden die SuS Schritt für Schritt dazu angeleitet, die erzählerischen Techniken und Strategien auch im lateinischen Original zu erfassen und zu benennen, mithilfe derer das ‚Kopfkino‘ animiert wird. Vielleicht gelangen die SuS am Ende dieser Einheit zu der überraschenden Einsicht, dass Ovids „Metamorphosen“ auf eine gewisse Art bei ihren Rezipienten eine lebendigere und reichere Vorstellungswelt hervorrufen können als jeder 4D-Kinofilm und jedes Computerspiel.

 

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