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Exkurs Stellungnahme

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.


Der Operator Bewerten erfordert von den Schülerinnen und Schülern, dass sie „Aussagen, Behauptungen, Vorschläge oder Maßnahmen beurteilen, eine persönliche Stellungnahme abgeben und dabei die Wertmaßstäbe offen legen.“

Untersucht man die in der fachdidaktischen Literatur veröffentlichten Unterrichtsbeispiele, so stößt man immer wieder auf den Operator Bewerten. Die unterrichtspraktische Umsetzung erfolgt in der Regel in einer Diskussion oder einer Debatte.

Im Hinblick auf die unterrichtliche Situation mag dies für den 2-stündigen Kurs ein praktikables Vorgehen sein, doch für das Neigungsfach ist auch eine schriftlich niedergelegte Form notwendig, zumal der Operator Bewerten bei den Sternchenthemen vertreten ist. Eine schriftliche Form für diesen Operator wird bei den Unterrichtsbeispielen nicht dargestellt. In veröffentlichten Klausurbeispielen wird des Öfteren eine Stellungnahme eingefordert, ohne Erläuterung oder Hinweis des erwarteten Textaufbaus.

Im Deutschunterricht spielt die Stellungnahme bei den schriftlichen Formen eine untergeordnete Rolle und wird in der hier vom Operator erwarteten Antworttiefe nicht umgesetzt. Meist verwendet der Deutschunterricht den Kommentar oder den Leserbrief. Hier stehen die persönlichen Werte bei der Äußerung der eigenen Meinung im Vordergrund.

Eigene Schreibversuche im Unterricht haben ergeben, dass es den Schülerrinne n und Schülern schwer fällt mit der einfachen Angabe des Operators eine geeignete Schreibform zu finden und das Thema schriftlich zu entwickeln. Oft beginnen die Texte mit „Meine Meinung ist…“ oder „Ich finde…“. Dies kann im Hinblick auf das schriftliche Abitur keine angemessene Form sein.

Die Textform der Erörterung ist hier nicht die angemessene Form, da dieser ein eigener Operator zugewiesen ist und das dialektische Abwägen von Pro und Contra Argumenten hier nicht das Ziel ist. Die Erörterung ist oft das Ergebnis einer kritischen Auseinandersetzung mit einer in der Regel längeren Textvorlage und ergänzender Medien. An ihren Aufbau und an ihre inhaltliche und sprachliche Gestaltung sind bestimmte Anforderungen gestellt, die sie als schulische Schreibform von anderen deutlich abhebt.

Eine Textform, die eine persönliche Bewertung einschließt, ist die Stellungnahme. Diese Textform kommt im Deutschunterricht nicht als fester Bestandteil der Aufsatzformen vor.

Auf Basis der Aufsatzliteratur ergeben sich für die Stellungnahme folgende grundlegende Kriterien:

  • Bei der schriftlichen Stellungnahme als eigenständige schulische Schreibform wird im Allgemeinen eine kritische Stellungnahme zu einem Geschehen, Sachverhalt, einem Problem oder einer Meinungsäußerung erwartet.
  • Man muss einen eigenen Standpunkt zu einem Geschehen, Sachverhalt, Problem oder einer Meinungsäußerung entwickeln.
  • In der kritischen Auseinandersetzung soll eine begründete eigene Position erarbeitet werden, die auf der sachliche Beurteilung mit vorgegebenen Kriterien beruht und durchaus dialektischen Charakter haben kann.

Im Kontext des Geographieunterrichts ist mit der Bewertung eines Projektes der Entwicklungszusammenarbeit ein sehr komplexer Sachverhalt gegeben. Der Operator Bewerten beinhaltet auch das Beurteilen. Beurteilen erfolgt an sachlichen Kriterien. Diese Kriterien müssen vorgegeben und eindeutig sein. An diese Beurteilung ist die persönliche Bewertung unter Offenlegung der eigenen Maßstäbe anzuschließen.

Zum Aufbau einer Stellungnahme gibt es keine festen Gestaltungsvorgaben ähnlich denen bei anderen erörternden Formen. Auch Aufbauprinzipien wie die Anforderung eines steigernden Aufbaus der Argumentation gehören nicht zum Anforderungsprofil der Schreibform, wenngleich der inhaltliche und logische Zusammenhang der Ausführungen im Hinblick auf Plausibilität und Schlüssigkeit der Argumentation erhalten bleiben muss, um das Ziel der Stellungnahme, die Entwicklung eines eigenen Standpunktes, zu erreichen, was auch in dialektischer Form erfolgen kann.

Als ein möglicher Aufbau für eine Stellungnahme im Geographieunterricht bietet sich als Hilfestellung für die Schülerinnen und Schüler folgender Vorschlag an:

Einleitung:

  • Kurze Umschreibung und Benennung  des zu bewertenden Projektes
  • Offenlegen der sachlichen Beurteilungskriterien

Hauptteil:

  • Aufbau kann erfolgen durch nacheinander ausgeführte Textpassagen gegliedert in
    • Darlegung wesentlicher und zentraler Merkmale des Projektes
    • Beurteilung des Projektes an Hand der vorgegebenen sachlichen Beurteilungskriterien
    • persönliche wertende Stellungnahme unter Darlegung der angelegten eigenen Wertmaßstäbe

Eine zweite Möglichkeit ist eine verschränkte Darstellung zu jeweils einem Gesichtspunkt.

Schlussteil:

  • Abschließende zusammenfassende  Gesamtbewertung

Die Bewertung eines Projektes der Entwicklungszusammenarbeit ist eine höchst  komplexe Aufgabe. Diese kann in schriftlicher Form von einer Schülerin oder einem Schüler in angemessenem Umfang  nur gelöst werden, wenn das Thema in der Aufgabenstellung mit Augenmaß präzise eingegrenzt wird und die Beurteilungskriterien offengelegt und angegeben werden.