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Unterrichtsverlauf

Baustein zur Einführung: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden…“ – Ethik und Relativismus

Bezug zu den Kompetenzen des Bildungsplans

Inhaltsbezogene Kompetenzen

3.3.2 (1) Konsequenzen ethischer Ansätze anhand der Frage der Selbstbestimmung des Menschen aufzeigen (zum Beispiel aus dem Bereich Suizid, Sterbehilfe, Transplantationsmedizin)

Prozessbezogene Kompetenzen

2.1.1. Situationen erfassen, in denen letzte Fragen nach Grund, Sinn, Ziel und Verantwortung des Lebens aufbrechen.

2.1.3. in ethischen Herausforderungen mögliche religiös bedeutsame Entscheidungssituationen identifizieren.

2.3.1. deskriptive und normative Aussagen unterscheiden und sich mit ihrem Anspruch auseinandersetzen.

2.3.5. im Zusammenhang einer pluralen Gesellschaft einen eigenen Standpunkt zu religiösen und ethischen Fragen einnehmen und ihn argumentativ vertreten.

2.4.1. sich auf die Perspektive eines anderen einlassen und sie in Bezug zum eigenen Standpunkt setzen.

2.5.3. angemessenes Verhalten in religiös bedeutsamen Situationen reflektieren.

Leitperspektive: „Medienbildung“

Didaktische Hinweise zum Unterrichtsverlauf

Die SuS sollen in der ersten Stunde in die für die Ethik zentralen Begriffe Moral, Werte, Normen und Ethik eingeführt werden. Ausgangspunkt ist der häufig geäußerte Satz aus Schülermund: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden.“ Die SuS sollen im Verlauf der ersten Stunde diesen Satz ernst nehmen: Es geht nicht nur darum, dass jeder und jede selbst entscheiden kann, sondern selbst entscheiden muss. Da sich jede ethische Entscheidung vor dem Hintergrund der vorfindlichen Moralvorstellungen vollzieht, muss diese ebenso in den Blick genommen werden wie die hinter den ethischen Entscheidungen stehenden Werte. Gerade die Auseinandersetzung mit den Werten steht im Zentrum für die Überlegung, woher jeder einzelne eine handlungsleitende Orientierung entwickeln kann. Aber auch die Werte unterliegen einem Relativismus. Blickt man auf die Wertvorstellungen der verschiedenen Epochen, so zeigt sich schon bei kurzer Betrachtung das Phänomen eines Wertewandels. Dies lässt sich auch bereits für einen kürzeren Zeitraum erkennen. Ist damit alles relativ? Und was heißt das im Blick auf eine notwendige Hilfeleistung? Die Frage nach der Wertigkeit von Werten steht damit verstärkt im Fokus und soll durch eine an den gezeigten Medien angelehnte Anforderungssituation beantwortet werden.

Einstieg

in Form eines stummen Impulses – Der Satz „Das muss jeder für sich selbst entscheiden!“ wird an die Tafel geschrieben.

Kurzes UG mit den möglichen Impulsfragen:

  • In welchem Zusammenhang kann man so einen Satz leicht sagen?

  • Gibt es Situationen, in denen sich der Satz nicht so leicht sagen lässt?

Vertiefende Problemeröffnung

in Form eines Stimmungsbilds (Methode: Daumenabstimmung oder Aufstehen/halb stehen/sitzenbleiben):

  • Ist es für euch in Ordnung, wenn euer Freund seine Lieblingsmusik hört, auch wenn sie euch nicht gefällt? – kurzes Meinungsbild

  • Ist es auch in Ordnung, wenn er die Musik durch Kopfhörer hört und ihr immer wieder leise mithören müsst? – kurzes Meinungsbild

  • Ist es auch in Ordnung, wenn er bei euren Treffen seine Musik auf bluetooth-Lautsprecher laut aufdreht? Vielleicht sogar in einem öffentlichen Raum, z.B. im Bus? – kurzes Meinungsbild

Mögliches Ergebnis des anschließenden Unterrichtsgesprächs:

Es gibt offensichtlich unterschiedlich empfundene Grenzen dessen, was für SuS in Ordnung ist und was nicht. Um solche Grenzen geht es auch in dem folgenden Film.

Erarbeitung I

– Filmclip „Olympiasee“ ( L 1)

Beobachtungsauftrag: „Bitte überlegt, ob es in Ordnung ist, was die Filmenden filmen und wie sie es kommentieren!“

Inhalt: Eine Familie geht über das Eis des Olympiasees in München, Frau und Mann brechen in das Eis ein und werden gerettet. Der Vorfall wird per Handy-Kamera gefilmt und kommentiert:

Videosequenz wird gezeigt: https://www.youtube.com/watch?v=ygTV1JRrhEQ

Erstreaktionen der SuS - Plenum

Überleitung

„Hier in der Klasse gibt es verschiedene erste Reaktionen auf das Ereignis. So verschieden sind auch die Äußerungen, die wir in verschiedenen Blogs im Blick auf die filmenden Passanten gefunden haben. Setzt euch mit diesen Meinungen in Form eines stummen Schreibgesprächs auseinander. Nach drei Minuten wechselt jede Gruppe an den rechten Nachbartisch und kommentiert die Meinung aus dem Blog und die Äußerungen dazu von euren Mitschülerinnen und Mitschülern. Als Regel gilt:

  • Es wird nicht geredet.

  • Jede Meinung muss begründet werden.

--> Stummes Schreibgespräch zu den Äußerungen aus dem Blog (M 2)

Auswertung: SuS erheben – so möglich - eine Gruppenmeinung aus dem Schreibgespräch und tragen diese vor.

AA: „Formuliert auf der Grundlage eurer Äußerungen eine möglichst einheitliche Überzeugung eurer Gruppe. Wenn dies nicht möglich ist, tragt die unterschiedlichen Überzeugungen vor.“

  • SuS äußern sich, stellen Meinung(en) dar

  • L: Eine Überzeugung einer Gruppe nennt man eine Moral, in unserem Fall eine „Gruppenmoral“
    Definition im AB nachlesen (M 1)

Weiterführung mit Impulsfragen

  • Welche Moral könnte man formulieren, wenn bei dem Schreibgespräch an dem einen Tisch eine Rockergang/Hooligans und an dem anderen Pfarrer säßen?

  • Könnt ihr die Beispiele ergänzen?

  • Wenn Moral die Übereinkunft gleicher Überzeugungen ist, nach denen Menschen in verschiedenen Gruppen handeln – was unterscheidet die jeweiligen Moralvorstellungen voneinander?

  • Was könnte die Grundlage für die Entstehung einer bestimmten Moral sein?

  • Je nachdem, welche Werte ich habe, richte ich meine Überzeugung aus und suche mir möglichst Gleichgesinnte, die meine Überzeugungen - basierend auf meinen Werten - teilen. Werte muss man sich bewusst machen!

Erarbeitung II

des Begriffes „Wert“ auf dem AB (M 1)

Anwendung/Vertiefung

AA: Unterstreicht in eurem Schreibgespräch alle Begriffe, die einen Wert ausdrücken oder wo sich ein Wert dahinter verbirgt.

Schreibt diese Begriffe auf Moderationskarten.

Die Moderationskarten werden in die zweispaltige Tabelle an der Tafel gehängt.

L: „Ein Vertreter aus jeder Arbeitsgruppe hängt die Moderationskarten in die passende Spalte an der Tafel.“

Werte, nach denen sich die Filmenden verhalten haben

Werte, die zu einem alternativen Verhalten führen

Spaß (am Schaden anderer, Spott, Schadenfreude)

Spaß (indem man anderen hilft) Hilfsbereitschaft

Lustgewinn (durch Häme)

Respekt (vor der Würde des Gegenübers)

Keine Last durch Verantwortung

Verantwortung für ein gelingendes Miteinander

Anerkennung durch das Einstellen des Films im Netz

Anerkennung durch Hilfsbereitschaft/als Lebensretter (Ehrfurcht vor dem Leben)

Evtl. Fazit:

Die Filmenden benutzen die Hilfebedürftigen als Objekte, um selber Spaß zu haben.

Die Hilfesuchenden sind Menschen; man muss sich ihnen zuwenden und ihnen helfen.

Überleitung zur Wertigkeit von Werten:

„Wir sehen, dass sich hinter unserem Handeln Werte verbergen, die unser Verhalten leiten. Ihr habt verschiedene Werte aufgeschrieben, die wichtig sind für den Umgang miteinander und füreinander. Aber welche Werte leiten Euch in Eurem Handeln?

AA: Schreibt einmal drei Werte auf, die euch wichtig sind und ordnet sie nach der Bedeutung, die sie für euch haben.“ EA, PA, (GA)

Es entsteht ein Pool an Begriffen (Freiheit, Gerechtigkeit, Liebe,…)

Die Bedeutung der Begriffe für die SuS wird kurz besprochen.

Methode:

Aus EA gleich in GA und dort die unterschiedlichen Begriffe besprechen

oder:

Ein S nennt seinen obersten Wert, wer denselben formuliert hat, geht zu diesem S. – kleine Gruppen entstehen, die sich darüber unterhalten, warum der Begriff für sie wichtig ist und was er für sie bedeutet.

Überleitung und Erarbeitung III

L: „Ihr habt eure Wertvorstellungen formuliert. Wir schauen einmal an, welche Werte in Deutschland ganz oben stehen. Wenn man einmal im Rahmen einer repräsentativen Umfrage erhebt, welche Werte in Deutschland insgesamt hochgehalten werden, kommt man zu folgendem Ergebnis; bitte prüft dabei, ob die von euch genannten Werte dabei sind und welche Werte evtl. noch hinzukommen:“

Die Werte werden als Bilder auf Karten gezeigt und an die Tafel gehängt (M 3)

  • die SuS sollen den dazugehörigen Wert nennen. Er steht hinten auf der Bildkarte, die dann umgedreht und mit dem Begriff zur Klasse hin an der Tafel fixiert wird.

  • Anschließend sollen die SuS eine Hitliste von 1-10 erstellen, was ihrer Meinung nach der Rangfolge der Werte der Deutschen entspricht (EA – (PA) – Plenum). Auf die Rückseite der Bilder die Begriffe, wenn sie erraten sind, umdrehen, dann in eine Reihenfolge verschieben.

Unterrichtsgespräch zum Ergebnis, mögliche Impulse:

  • Warum habt ihr euch bei einigen Werten so schnell und bei anderen kaum entscheiden können, auf welchen Rang man in Deutschland den Wert einordnen soll?

  • Lässt sich überhaupt ein Ranking erstellen oder müssten manche Werte nicht nebeneinander gestellt werden?

  • Was verbindet ihr mit diesen Werten – sind das auch eure Werte?

  • Welche Werte fehlen euch/welche Werte möchtet ihr ergänzen?

  • Welche Werte sind zu unseren genannten dazugekommen, welche fehlen?

Überleitung:

„Nachdem ihr eure Vermutungen geäußert habt, stelle ich euch die Rankingliste vor. Im Jahr 2016 haben die Deutschen in einer repräsentativen Umfrage diese Werte der Wichtigkeit nach in der folgenden Reihenfolge genannt:“ (M 4a)

Kurzes UG mit folgendem Impuls zur Überleitung:

„Sind diese Werte in dieser Reihenfolge gesetzt oder auch in unserer Gesellschaft flexibel/relativ?“

Lehrkraft verweist auf die Veränderung der Werte in unserer Gesellschaft und führt den Begriff „Wertewandel“ mit Hilfe der folgenden Tabelle (M 4b) ein:

Tabelle mit der Veränderung der Hitliste im Zeitlauf von 2009-2016 zeigen (M 4b):

https://www.welt.de/politik/deutschland/article149010891/Die-Deutschen-werden-koerperlicher-und-engagierter.html#cs-DWO-IP-Werteindex-Deutschland-Aufm1-jpg.jpg(2.10.2017)

Mögliche Impulsfragen:

  • Woran könnte es liegen, dass sich die Werte in den letzten sieben Jahren in ihrer Wertigkeit verändert haben?

  • Ist es Eurer Meinung nach möglich, dass ein Wert oder mehrere Werte aus der Liste ganz verschwinden?

  • Könnten sich die Filmer des Unfalls auf dem Olympiasee in München in der obigen Skala wiederfinden?

  • Fehlen Eurer Meinung nach auf der Skala wichtige Werte – v.a. auch im Blick auf die Münchener Filmer?

  • Welche Werte fehlen den beiden Filmenden, die sie zu einer Hilfe der Eingebrochenen bewegen könnten?

  • Sind Eurer Meinung nach Werte gleich-wertig/gleich-gültig und damit relativ?

Erarbeitung des Begriffes „Relativismus“ anhand des AB

Erarbeitung IV

Ein Wert steht in unserer Gesellschaft ganz oben, auch wenn er nicht in der Tabelle ausdrücklich erwähnt wird. Am besten bringt man ihn mit den Werten „Gesundheit“ und „Gemeinschaft“ in Zusammenhang. Dieser Wert hängt mit den beiden Filmern am Olympiasee zusammen. Er ist für unsere Gesellschaft so wichtig, dass er als Norm sogar gesetzlich verankert ist:

SuS raten (evtl. Verweis auf die Werte der SuS aus dem Schreibgespräch)

Hilfsbereitschaft/Leben retten/Nächstenliebe

In Deutschland ist dieser Wert so wichtig, dass es das Gesetz der „unterlassenen Hilfeleistung“ (M5) gibt. In Deutschland ist deshalb Voraussetzung für den Führerschein, für Gruppenleiter,… ein Erste-Hilfe-Kurs!

Gesetz M5 an SuS geben oder projizieren.

Unterrichtsgespräch mit Impulsfragen, alternativ: Fragen auf dem AB mit dem Gesetz aufschreiben und in PA beantworten lassen:

  • Was haltet ihr von einer gesetzlichen Verankerung dieses Wertes?

  • Könnte man auch darauf verzichten?

  • Würde sich dann das Verhalten in unserer Gesellschaft über einen gewissen Zeitraum hinweg verändern?

  • Die Norm bestimmt die Moral! Oder bestimmt die Moral die Norm?

Ergebnissicherung / Anwendung

Anforderungssituation:

Du schaust dir zusammen mit einigen Freunden und Freundinnen einige Videos im Internet an. Als ihr das Video seht, wo die zwei Personen einbrechen, dabei unter Kommentaren gefilmt werden, äußert sich jemand entsetzt über die Filmenden. Ein anderer sagt darauf: „Das muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er filmt oder hilft.“

Nimm Stellung zu dieser Äußerung und verwende dabei die Begriffe „Werte“, „Moral“, „Norm“ und „Relativismus“.

 

Unterrichtsvorschlag: Herunterladen [docx][174 KB]

 

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