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Material 2

Nachfolge Jesu als Macht- und Statusverzicht

Nachfolge Jesu vollzieht sich im Markusevangelium […] im bewussten Statusverzicht; »Wenn einer erster sein will, soll er aller Letzter und aller Diakon [gr. für Diener] sein!« (Mk 9,35). »Wer groß sein will unter euch, soll euer Diakon sein!« (Mk 10,43). Der Tod Jesu selbst wird in Mk 10,45 als ein solcher Diakonendienst verstanden. Den durch seine Lebenshingabe erwirtschafteten Lösepreis setzt Jesus nicht wie beim Sklavenfreikauf üblich zu seinen eigenen Gunsten, sondern zum Vorteil »für viele« ein. […]

Wer nicht bereit ist, die Jesusmaßstäbe zu übernehmen, wer seinen Status nicht aufgeben und auf den ersten Platz verzichten will, wer sich also der Worte Jesu schämt, weil er in dieser Welt keinen Ehrverlust riskieren will, dessen wird sich auch, so V. 38, der Menschensohn im Endgericht schämen. […]

Aber das Markusevangelium bleibt nicht bei einer »Jenseitsvertröstung«. Jetzt schon, in dieser Zeit, ist der Lebensgewinn aufweisbar, der denjenigen erwartet, der als Nachfolger Jesu auf Status, Macht und Ansehen verzichtet. […] Reichtum hilft den Reichen nicht, selbst wenn sie meinen, die ganze Welt im Griff zu haben. Positiv auf den Jesusnachfolger bezogen, wird der Lebensgewinn in der Jesusnachfolge in der Perikope vom »reichen Mann« (Mk 10,17-31) zu Wort gebracht. Verlust und Gewinn werden sozusagen in parallelen Kalkulationstabellen präzise aufgerechnet. In Mk 10,29f behauptet Jesus, dass – ganz abgesehen vom ewigen Leben – der Gewinn bereits in diesem Leben hundertfach ist. […] Die Logik dieser Rechnung erschließt sich nur dann, wenn »um meinetwillen und um des Evangeliums willen« (vgl. Mk 8,35) ernst genommen wird: Es geht um den Eintritt in die christliche Gemeinde, die sich von den Maximen Jesu bestimmen lässt. Dabei werden (evtl. selektiv, je nach Ausstattung) all diejenigen Positionen aufgegeben, die den Status einer Person im normalen Leben bestimmen: Eigentum und Herkunft. Dass gerade wegen des Verzichtes darauf im gleichen Atemzug all das hundertfach gewonnen werden kann, hängt mit der inneren Struktur der Gemeinschaft zusammen, für die man sich entscheidet: Wo gemäß den Idealen des markinischen Jesus alle »Diener« sind, braucht niemand mehr ein Haus oder Acker in dem Sinn zu »haben«, dass er damit seinen Status demonstriert. Positiv gewendet bedeutet das: Alle sind gleichermaßen Nutznießer dieses Eigentums (Gütergemeinschaft). Und: In der christlichen Gemeinde ist nicht mehr meine präzise Herkunftsfamilie bestimmend, sondern die neue Verflechtung mit dementsprechend vielen Müttern, Schwestern und Brüdern, die sich von den markinisch-jesuanischen Idealen leiten lassen. Eine besondere Pointe fällt ins Auge: der einzige »Verlust« innerhalb der neuen Gemeinschaft betrifft die Väter. Völlig kongruent mit den sozialethischen Maximen Jesu im Markusevangelium wird die Position, die der pater familias mit voller juristischer und ökonomischer Vollmacht im antiken Haus innehat, in der christlichen Gemeinde bewusst ausgespart (vgl. Auch Mk 3,35). Wer als »Vater«, d.h. als Hausvorstand, in die christliche Gemeinde eintritt, »verlässt« seine Bestimmungsrechte über Eigentum und die Personen »seines« Hauses und wird zum Bruder. Sich zu einer solchen egalitären Gemeinschaft zählen zu dürfen, bedeutet nach dem Markusevangelium hundertfachen Lebensgewinn für all diejenigen, die – um Jesu willen und um des Evangeliums willen – bereit sind, auf all das zu verzichten, was in den Augen der normalen Gesellschaft zählt.

Aus: Martin Ebner: Überwindung eines »tödlichen« Lebens. Paradoxien zu Leben und Tod in den Jesusüberlieferungen, in: Jahrbuch für Biblische Theologie (JBTh), Band 19, 2004, Leben trotz Tod, S. 79-100, hier S. 82-84.

Arbeitsaufträge für die Gruppenarbeit

Gruppen a)

  1. Lest den Text von Martin Ebner und entwerft in Stichworten (Heft!) das Stellenprofil für einen Jünger/eine Jüngerin (bzw. eine Jüngergruppe) in der Jesus-Bewegung: Was sollte der (bzw. die) können, worauf Wert legen, wie sich verhalten?
  2. Bereitet Euch auf ein Bewerbergespräch vor, indem Ihr Fragen entwerft, die Aufschluss darüber geben können, ob jemand (oder eine ganze Gruppe) für die zu vergebende Stelle/n in Frage kommt. Teilt jedem Mitglied Eures Auswahlkomitees eigene Fragen und wenn möglich auch eine eigene Rolle als Jury-Mitglied zu (z.B. sehr streng, eher lustig, besonders nachdrücklich, Menschenfreund, Sprücheklopfer…).

Gruppen b)

  1. Lest den Text von Martin Ebner und entwerft in Stichworten (Heft!) ein treffendes Bewerberprofil für einen Jünger/eine Jüngerin (bzw. eine Jüngergruppe) der Jesus-Bewegung: Was sollte der (bzw. die) können, worauf Wert legen, wie sich verhalten?
  2. Bereitet Euch auf ein Bewerbergespräch vor, indem Ihr einen (oder mehrere) Bewerber aus Eurer Gruppe bestimmt, denen ihr gewisse Eigenschaften und gute mögliche Antworten auf die Fragen mitgebt, die wohl eine Auswahljury stellen wird.

 

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