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Hinweise zur Anthropologie im Neuen Testament:

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.


Zentral sind der Glaube und die Hoffnung, dass Jesus Christus grundsätzlich an der Situation des Menschen und der Welt etwas verändert: Er holt die Menschen aus ihrer Verstrickung in Sünde und Tod heraus, aus der sie sich nicht selbst befreien können. Der historische Jesus hat heilend und befreiend gewirkt: Er machte Blinde sehend; zu einem Gehörlosen sagte er „Effata“ (= öffne dich) und führte ihn in die Kommunikation mit seinen Mitmenschen zurück (Mk 7,34). Auch sprach er vielen, die als Sünder galten, die Vergebung Gottes zu; zum Gelähmten sagte er: „Deine Sünden sind dir vergeben.“ (Mk 2,5). In den Evangelien wird Jesu Tod am Kreuz und seine Auferstehung auf der Linie dieses befreienden Wirkens gesehen. Jesus bezieht beim letzten Abendmahl das Brot und den Wein, die symbolisches Speisen des Pessach, auf sich und seinen bevorstehenden Tod (Mk 14,24: Sein Blut wird für viele vergossen). In seinem Sterben wird er vom römischen Hauptmann als „Sohn Gottes“ erkannt (Mk 15,39). Sein Tod bekommt somit Bedeutung für alle Menschen.

Der Apostel Paulus stellt in seinen Schriften den auferweckten Christus in den Mittelpunkt und ist kaum am historischen Jesus interessiert. Denn durch die Auferweckung Jesu bestätigt Gott dessen Anspruch und sein befreiendes Wirken. Darin ist die christliche Hoffnung begründet, aus den Fesseln von Sünde und Tod befreit werden zu können. Für Paulus ist Freiheit deshalb nicht ein Vermögen, über das der Mensch von sich aus verfügt, sondern eine Tat Gottes am Menschen, ein Geschenk Gottes an die Menschen. Israel verdankt sich der befreienden Tat Gottes im Exodus und im Bundesschluss. Jesus Christus befreit die Menschen von der Sünde, d.h. von der Selbstentfremdung, dem Versuch, sich alleine in sich selber zu begründen. Er befreit den Menschen von seiner Selbstherrlichkeit, seinem Anspruch, selbst Maßstab aller Dinge zu sein (vgl. Gen 3: Essen vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse als Hybris), einem Anspruch, der zum Bösen führt, selbst wenn er das Gute will.

Röm 5,12-21  Adam und Christus

Durch einen einzigen Menschen kam die Sünde in die Welt und durch die Sünde der Tod, und auf diese Weise gelangte der Tod zu allen Menschen, weil alle sündigten. Sünde war schon vor dem Gesetz in der Welt, aber Sünde wird nicht angerechnet, wo es kein Gesetz gibt; dennoch herrschte der Tod von Adam bis Mose auch über die, welche nicht wie Adam durch Übertreten eines Gebots gesündigt hatten; Adam aber ist die Gestalt, die auf den Kommenden hinweist.
Doch anders als mit der Übertretung verhält es sich mit der Gnade; sind durch die Übertretung des einen die vielen dem Tod anheimgefallen, so ist erst recht die Gnade Gottes und die Gabe, die durch die Gnadentat des einen Menschen Jesus Christus bewirkt worden ist, den vielen reichlich zuteil geworden. ...

Ist durch die Übertretung des einen der Tod zur Herrschaft gekommen, durch diesen einen, so werden erst recht alle, denen die Gnade und die Gabe der Gerechtigkeit reichlich zuteil wurde, leben und herrschen durch den einen, Jesus Christus. Wie es also durch die Übertretung eines einzigen für alle Menschen zur Verurteilung kam, so wird es auch durch die gerechte Tat eines einzigen für alle Menschen zur Gerechtsprechung kommen, die Leben gibt. Wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern wurden, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten gemacht werden.

Paulus bezeichnet den sich selbst entfremdeten Menschen unter der Sünde als „Fleischmenschen“ (vgl. Röm 7 u. 8). Der von Gott befreite Mensch, der aus dem Geist heraus lebt, ist der „Geistmensch“. Laut Paulus ist er von der Sorge um sich und das Eigene frei und zur Zuwendung zum Nächsten befreit (vgl. Gal 5). Fleisch und Geist dürfen dabei nicht dualistisch als Teile oder Eigenschaften des Menschen gedacht werden. Paulus hat immer den ganzen Menschen im Blick. „Geist“ ist die Erfahrung der Zuwendung Gottes, die sich im NT in vielen Formen manifestieren kann. Als Früchte des Geistes zählt Paulus in Gal 5,22f. auf: Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung. In das Geschehen der Erlösung sieht Paulus die ganze Schöpfung, die ganze Evolution des Seins mit einbezogen. Die Evolution ist kein Zufallsgeschehen, sondern hat eine Richtung auf Vollendung hin (Röm 8,18-30).

 

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