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Sachanalyse


In der Botschaft der Auferstehung Jesu von den Toten haben wir den Kern der christlichen Glaubensüberzeugung vor uns. Keine Unterrichtseinheit über „Jesus den Christus“ wird (auch in Zukunft) um die Beschäftigung mit ihr herumkommen, wenn es darum geht, Schülerinnen und Schüler darin kompetent zu machen, über die Hauptinhalte ihres (christlichen) Glaubens Auskunft zu geben und sich selbst dazu ein begründetes Urteil zu bilden. Allzu häufig spielt allerdings die Osterbotschaft im Unterricht eine eher marginale Rolle zwischen einer ausführlichen Beschäftigung mit dem irdischen Jesus und seiner Botschaft auf der einen Seite und der Darstellung des christologisch-kirchlichen Bekenntnisses auf der anderen. Dies mag an den für modern aufgeklärte Selbstverständnisse – gelinde gesagt – etwas „halbseiden“ wirkenden biblisch dokumentierten Entstehungsgrundlagen des Osterglaubens liegen: wie berechtigt ist es, eine so weit reichende Glaubensüberzeugung wie die von einer Rettung menschlich personalen Seins über den Tod hinaus auf die Entdeckung eines geöffneten und leeren Grabes und das „Sich-sehen-lassen“ des kurz zuvor Begrabenen vor einigen Zeugen zurück zu führen? Die Mutigen unter den Fundamentaltheologen haben daher neben einer historisch-kritisch akkuraten Klärung der Entstehungszusammenhänge des Osterglaubens vor der historischen Vernunft eine Begründungsstruktur gefordert und entwickelt, die das Ganze der Botschaft, Person und Biographie Jesu mit einbezieht und so verdeutlicht, dass der Osterglaube im Ganzen der (Pro-) Existenz Jesu begründet liegt. [1]

Die vorliegende Unterrichtssequenz lässt diesen (fundamental-) theologischen Problemkomplex beiseite, was nicht heißt, dass er im Theologisieren mit den SuS nicht immer wieder eine Rolle spielen dürfte. Die Sequenz will aber die SuS auf einen eigenen Erkenntnisweg mitnehmen, der sich sehr unmittelbar an einigen Ostertexten abarbeitet und folgenden sich daraus organisch ergebenden Fragen nachgeht:

  • Durch welche Erfahrungen kommt es zur Behauptung, dass Jesus nicht im Tod geblieben, sondern durch Gott auferweckt worden sei?
  • Wie lassen sich solche Erfahrungen durch modernes Denken rekonstruieren oder reformulieren und welche Probleme hat dieses moderne Denken damit?
  • Was meint das christliche Bekenntnis mit dem Glauben an die Auferweckung/Auferstehung Jesu eigentlich genau?
  • Wie lassen sich biblische Ostertexte so deuten, dass sie auch für das moderne Selbstverständnis wieder sprechend werden und Bedeutung erlangen?
  • Ist das ganze für mich so glaubwürdig, dass ich daraus Hoffnung für mich schöpfen kann? Welche Hoffnung?

Die Unterrichtssequenz beschränkt sich also (ganz im Sinne des zugrunde liegenden Bildungsstandards) darauf, die SuS zu befähigen, sich die Osterbotschaft der Evangelien zu erschließen, den Kerngehalt des christlichen Osterglaubens verständlich zu machen, ihn gegen falsche Vorstellungen abzugrenzen, sowie zumindest ansatzweise eine eigene Position zum zentralen christlichen Glaubensartikel („auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel“ ...) einzunehmen. Dass dieses anspruchsvolle Programm auf Seiten der SuS wie der Lehrenden grundlegende Kompetenzen voraussetzt (z. B. die einer soliden religiösen Sprachkompetenz, die darin geübt ist, metaphorische und symbolhafte Rede zu erschließen), versteht sich ebenso sehr von selbst wie die Tatsache, dass eine Sequenz von vier bis sechs Unterrichtsstunden diese Voraussetzungen nicht selbst schaffen kann.

Die didaktischen Impulse sind so konzipiert, dass sie weitestgehend ohne große theoretische Belehrungen oder anspruchsvollen theologischen Input durch Texte auskommen. Vielmehr sollen die SuS durch eigene Auseinandersetzung zum Weiterdenken, Problematisieren und Theologisieren motiviert werden. Die Erfahrung zeigt, dass sie hierbei ganz automatisch und sehr luzide zu genau denselben Fragen und theoretischen Konstruktionen gelangen, die auch die wissenschaftliche Theologie beschäftigen [2] .

Einen wichtigen Anlass hierzu bietet die Auseinandersetzung mit Werken der Kunst zum Thema der Auferstehung Jesu. Sie sollen in dieser Unterrichtssequenz nicht nur didaktisch funktionalisiert werden, sondern durchaus auch in ihrer eigenen Dignität zur Geltung kommen. Allerdings zeigt sich, dass bei intensiver Beschäftigung (z. B. mit der Auferstehungsdarstellung des „Isenheimer Altars“) der Betrachter in eine Tiefenreflexion der Osterwirklichkeit hineingezogen wird, die jeder dogmatischen Theologie alle Ehre macht. Die Auseinandersetzung mit Werken der Kunst wird darüber hinaus als ein Vehikel angesehen, in einen Dialog mit unterschiedlichen Problemstellungen bezüglich der Thematik zu treten und sie sich in Eigenkreativität anzuverwandeln.

In einem im besten Sinn konstruktivistisch [3] verstandenen Lernprozess werden die SuS also nicht über die theologischen Sachverhalte zum Osterglauben informiert und belehrt, vielmehr sollen sie in einen eigenen Erkenntnisweg eingeführt und darauf begleitet werden, um sich den Glaubensgehalt selbstständig und von der Innenseite der neutestamentlichen Osterbotschaft her zu erschließen. Die SuS in Sachen der Religion und Theologie als Subjekte ihrer eigenen Lern- und Erkenntniswege ernst zu nehmen erfordert hier vom professionellen Fachtheologen die Toleranz, auch nebulöse Graubereiche in Denkkonstruktionen und eingeschlagene Sackgassen der Glaubensdeutung nicht nur auszuhalten, sondern als adäquate Bemühung von Lernenden zu würdigen. Die Etablierung einer den Namen verdienenden „Fehlerkultur“ im RU hat hier noch einen weiten Weg vor sich.

Es wird nicht unbeobachtet bleiben, dass nicht alle mit dem Osterglauben verknüpften Kardinalfragen in dieser Unterrichtssequenz berücksichtigt worden sind. Die Frage nach der Bedeutung des „leeren Grabes“ beispielsweise bleibt vollkommen außer Betracht. Dies heißt nicht, dass sie in einem aktualisierten Unterrichtsprojekt nicht dennoch zur Erörterung kommen müsste. Dieser Unterrichtsentwurf stellt den Vorschlag einer Sequenz kompetenzorientierten Unterrichtens dar, die an jeder Stelle für den eigenen Unterricht adaptiert, verändert, ergänzt und weiter geführt werden will.

 

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[1] Hierzu immer noch grundlegend: H. Verweyen, Gottes letztes Wort. Grundriss der Fundamentaltheologie, (3.) Regensburg 2000, Kap. 15, S. 338 ff.
[2] Eine interessante Weiterführung der Sequenz wäre dahingehend denkbar, den SuS diese Parallele zwischen dem eigenen Nachdenken über Auferstehung und der wissenschaftlich betriebenen Theologie zugänglich zu machen und eine reflexive Auseinandersetzung darüber in Gang zu bringen.
[3] Hier ist ein konstruktivistisches Denken in erkenntnis- und lerntheoretischer Hinsicht gemeint, nicht also ein radikal oder ideologisch verstandener Konstruktivismus, mit dem theologisches Denken notwendig seine Schwierigkeiten haben muss.

 

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