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Entwicklungsstand der SuS in der Klassenstufe 5/6


1.2 Die religiöse Entwicklung

1.2.1 Die Entwicklung des religiösen Urteils bei Fritz Oser und Paul Gmünder (1987)

Auch Fritz Oser und Paul Gmünder erstellten mit Hilfe des kognitiven Stufenmodells von Piaget und der Theorie der moralischen Entwicklung von Kohlberg ein Stufenmodell des religiösen Urteils (s.u.). 3 Dabei orientierten sie sich ebenso an Dilemma-Situationen, aber mit religiöser Ausrichtung, und bezogen sowohl die Antworten von Gottgläubigen als auch von solchen, die nicht an einen (persönlichen) Gott glauben, mit ein.

 
8/9 Jahre
11/12 Jahre
Stufe 0: Vorreligiöse Stufe – Innen-Außen-Unterscheidung
Reine Unterscheidung zwischen eigener Aktion und externer Beeinflussung.
-
-
Stufe 1: „Gott kann alles“ – deus ex machina“
Absolutheit der Macht Gottes/eines absoluten Schicksals, der der Mensch ausgeliefert ist, und dessen Ausführungsorgan er ist.
ca. 45%
ca. 10%
Stufe 2: Beeinflussbarkeit des Übernatürlichen – „do-ut-des“
Durch Gebete, rituelle Praktiken… lassen sich Gott bzw. verborgene Kräfte (beides nun als „das Ultimate“ bezeichnet) beeinflussen. Es gibt eine Korrelation zwischen dem Einhalten von Regeln und erfahrenem Glück.
ca. 65%
ca. 65%
Stufe 3: Deistischer Glaube und Autonomie des Menschen
Der Mensch und das Ultimate sind völlig getrennt. Der Mensch erkennt, dass er das selbst ausfüllen kann, was er sich vom Ultimaten erhofft. Er erkennt seine Verantwortlichkeit.
-
ca. 25%
Stufe 4: Verborgener Plan
Mensch und Ultimates nähern sich wieder an: Das Ultimate bestimmt die Möglichkeit des Menschen (Heilsplan) und tritt symbolisch in Natur, der Fähigkeit zu lieben… auf. Der Mensch ist autonom in seinem Handeln und muss den Heilsplan entschlüsseln.
-
-
Stufe 5: Autonomie bei religiöser Intersubjektivität
Der Mensch ist durch irgendetwas mit allen Menschen auf der Welt verbunden. Der Mensch ist autonom und für sein Unheil selbst verantwortlich. Er gestaltet seinen Plan selbst, bei jedem Handeln ist das Ultimate Voraussetzung und Sinngebung.
-
-

 

1.2.2 Sehnsüchte und Krisen der religiösen Entwicklung - Erik H. Erikson

Der Psychoanalytiker Erik H. Erikson, ein Schüler Sigmund Freuds, ging davon aus, dass die psychosoziale Entwicklung durch das Auftreten und die Bewältigung von grundlegenden Konflikten in verschiedenen Lebensphasen erfolge. 4

Im Vorschulalter ist es die Krise zwischen eigener Initiative und Schuldgefühlen (Gewissensbildung). Im Schulalter zwischen 7-12 Jahren ist es der Konflikt zwischen dem eigenen Eifer und dem Gefühl der Unterlegenheit (Minderwertigkeitsgefühl).
In der Adoleszenz (ca. 12 – 18 Jahre) ist es der Identitätskonflikt. 5 Dabei sind die Stufen nicht abgeschlossen, sondern die Konflikte davor wirken sich noch auf die aktuelle Stufe aus. Ebenso bahnen sich bereits die folgenden Konflikte an. Erikson verortet die religiöse Entwicklung auf allen Stufen. Die Sehnsüchte des Menschen, die sich in der mütterlichen Fürsorge, der väterlichen Strenge sowie dem eigenen Selbst äußern, stellen die Ausgangspunkte einer religiösen Entwicklung dar. 6

1.2.3 Stufenmodell zur religiösen Entwicklung (aufgrund von Glaube und Sinnsuche) –

James W. Fowler

Die Sinnsuche eines jeden Menschen ist Fowlers Ausgangspunkt seiner Überlegungen. Dieser Sinn mag selbst konstruiert oder von außen gegeben sein.

Der Glaube entwickelt sich nach Fowler in sechs Stufen.

Relevant für die 5. und 6. Klasse sind die Stufen 1 - 3: 7

  7-12 Jahre
(GS + Anfang Sek I)
13-20 Jahre (Sek I – II)
Präkonventionell
Stufe 1 (2 – 6 J.): intuitiv-projektiver Glaube
Das Kind entwickelt eine rege Phantasie und ordnet eigene Erfahrungen (z.B. Geborgenheit, Ohnmacht und Tod) bildhaft als Themen von Geschichten in seine eigene Vorstellungswelt noch episodisch und ohne konsistente Logik aneinander. Vorbilder, von denen es Liebe und Fürsorge erfährt, können es in seinem Glauben beeinflussen und anhaltend formen.
5%
n. a.
Stufe 2 (7–12 J.): mythisch-wörtlicher Glaube
Mythen und Symbole werden hier wörtlich genommen, ohne Gefühl für deren Tief- und Mehrschichtigkeit. Die Welt wird narrativ erschlossen und Gott wird anthropomorph aufgefasst und bestimmt die Erklärungsmuster.
85%
10%
konventionell
Stufe 3 (13 – 20 J.): synthetisch-konventioneller Glaube
Glaubensvorstellungen sind von den Bezugspersonen (peer group, Eltern, Lehrer) der SuS abhängig und werden inhaltlich nicht kritisch überprüft. Die Tiefe Gottes wird mit überhöhten persönlichen Eigenschaften verbunden: Gott führt uns, kennt uns besser als wir selbst, er liebt und trägt uns.
10%
70%

Auch wenn die Stufen direkt einem Alter zugeordnet sind, so zeigt die tatsächliche Verteilung in der Klasse ein wesentlich differenzierteres Bild.

Damit ergibt sich folgende Herausforderung an den Unterricht zur Differenzierung: Die meisten SuS, welche sich in Stufe 2 befinden, nehmen noch keine Vielschichtigkeit bei Texten und Symbolen wahr. Diese gilt es im Unterricht anzubahnen. Zugleich dürfen aber auch nicht die SuS auf Stufe 1 bzw. evtl. schon auf Stufe 4 aus den Augen geraten.

Kritik an den Stufentheorien

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