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2. Baustein: Wissenschaftliche Beschreibung des Phänomens

Einstieg:

Bild vom „betenden Tier“ wird an die Wand projiziert (M 2.01)

Impulsfragen:

  • Betet dieses Tier zu Gott?
  • Haben auch Tiere eine Religion (z.B. in Anbetracht von Elefantenfriedhöfen)?

Im UG kann herausgearbeitet werden, dass Tiere keine Jenseitsausrichtung besitzen, da ein längerfristiges Zukunftsdenken, das Bewusstsein des eigenen Selbst sowie ein Verantwortungsgefühl entwicklungspsychologische Voraussetzungen für die Entstehung von Religion darstellen.

Ergebnis im UG:
Religion gehört als Merkmal zum Menschen: Deswegen werden Funde religiöser Art immer einer menschlichen Kultur zugeordnet.

Erarbeitung 1:

Betrachtung des Phänomens „Religion“ aus der Sicht verschiedener Wissenschaften

[Optional: Zur Vorentlastung der Vertiefungsphase können hier bereits Bilder (M 2.03) gezeigt werden und mit Vortrag (M 2.02) ergänzt werden.]

Im UG wird zunächst erarbeitet, welche Wissenschaften etwas zur Frage, seit wann und warum es Religion gibt, beitragen können. Für die folgenden Untersuchungen sind die Wissenschaften Archäologie, Religionswissenschaft, (Evolutions-) Biologie und Psychologie vorgeschlagen. Gemeinsam wird jeweils eine Definition der einzelnen Wissenschaften erarbeitet. Ggf. Definitionen (M 2.04) heranziehen.

Jede(r) SuS erhält eine Karte mit einer wissenschaftlichen Aussage (M 2.07; Übersicht in M 2.06). Jede(r) SuS muss selbst entscheiden und für sich auf der Rückseite schriftlich begründen, zu welcher Wissenschaft diese Karte (am ehesten) passt und sich in eine Arbeitsgruppe mit den anderen SuS derselben „Wissenschaft“ begeben.

In den „Wissenschaftsgruppen“ besprechen die SuS (ggf. unter Zurate ziehen der Definitionen), ob alle Kärtchen zu ihrer „Wissenschaft“ passen und markieren diese farblich.
Z.B. Archäologie = gelb; Biologie = grün; Religionswissenschaft = orange; Psychologie = blau.

SuS mit nichtpassenden Karten werden weiter zu den (jeweils) anderen Wissenschaftsgruppen geschickt. Der Erfahrung nach empfiehlt es sich, dass die Lehrkraft in den Gruppen kontrolliert, ob die getroffenen Zuordnungen schlüssig sind.

Jede „Wissenschaftsgruppe“ erarbeitet nun, wie aus ihrer Sicht das Phänomen „Religion“ begründet wird/ welchen „Sinn“ Religion aus ihrer Sicht bietet.

Didaktischer Hinweis:
Eine phänomenologische Annäherung an die Religion wird in arbeitsteiliger Gruppenarbeit vollzogen. Die Wissenschaften lassen sich nicht immer klar voneinander abgrenzen, weshalb hier auch keine klare Zuordnung zu erzwingen ist. Wichtiger ist, dass die SuS hier selbst erkennen, dass das Phänomen Religion auch wissenschaftlich aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln1 betrachtet werden kann und dass Religion im Blickwinkel „ihrer Wissenschaft“ für das Leben der Menschen sinnvoll war/ ist. Dabei werden auch negative Zuschreibungen, wie z.B. Religion als Unterdrückungsinstrument, nicht ausgespart und es gilt festzustellen, dass die Wissenschaften nur „wertneutral“ das Phänomen der Religion beschreiben können. Zum Erreichen der ibKs 3.3.7(3) und 3.3.7(4) genügt dieser Arbeitsschritt, sofern noch eine Sicherung (vgl. z.B. M 2.08) erfolgt. Wird nicht die optionale Erarbeitung 2 (s.u.) als Weiterführung gewählt, bietet es sich in diesem Zusammenhang an, gemeinsam verschiedene Erscheinungsformen von Religion (Animismus, Polytheismus, Monolatrie, Monotheismus) zu definieren.

Optionale Erarbeitung 2:

Einen kleinen Eindruck in die Entwicklungsgeschichte der „Religion“ gewinnen, sowie die Vernetzung der Wissenschaften vertiefen.

Sofern dies noch nicht zur Vorentlastung geschehen ist, informiert die Lehrkraft über sechs Phasen unserer menschlichen Entwicklung (M 1.02) und erstellt mithilfe dieser „zentralen Abschnitte“ (M 2.05) eine Zeitleiste z.B. an die Rückwand oder dem Fenster des Klassenzimmers.

Jede(r) SuS muss nun mit Hilfe seiner „Wissenschaftsgruppe“ entscheiden, zu welcher Epoche jeweils sein/ ihr Text am besten passt, um ihn dann dort mit Klebestreifen anzubringen.

Nun präsentieren die einzelnen Wissenschaften ihre Erkenntnisse sowie einen möglichen „zeitlichen Ablauf“. Dies kann geschehen, indem jede(r) SuS seine Karte an eine für ihn passende Stelle im Zeitstrahl pinnt. Dabei wird im UG gemeinsam überlegt, ob alle Karten in der jeweiligen Epoche zusammenpassen oder evtl. zwischen den Epochen einzelne Karten geschoben werden könnten.

Die Ergebnissicherung kann mit Hilfe des ABs M 2.09 – oder in ähnlicher Weise (z.B. als Mindmap) erfolgen. Bei AB M 2.09 ist die historische Gliederung bereits vorgegeben (Zeitfaktor!) und die SuS ergänzen die aus ihrer Sicht zentralen Aussagen der einzelnen Wissenschaften.

Im UG wird noch einmal darauf hingewiesen, dass die Wissenschaften das Phänomen der „Religion“ jeweils anders bestimmen (multiperspektivisch), dass aber verschiedene „Erscheinungsformen“ der Religion unterschieden werden können [vgl. die genannten Beispiele in ibK 3.3.7 (3)]: Die Begriffe Polytheismus, Animismus, Monotheismus, ggf. auch Schamanismus und Monolatrie werden erklärt und den einzelnen Epochen zugeordnet.

Didaktischer Hinweis:
Die Einordnung in einen klar definierten zeitlichen Ablauf ist nicht immer eindeutig und bei manchen Aussagen aufgrund z.T. fehlenden Vorwissens der SuS oder der Allgemeinheit der Aussage auch nicht immer möglich. Aber gerade im Gespräch miteinander und dem „Ringen“ um eine klare Zuordnung erfahren die SuS, dass sich wissenschaftliche Erkenntnisse besonders im Hinblick auf komplexe Phänomene überschneiden können. Sie lernen in ihren Rollen wissenschaftlich zu arbeiten, indem sie eigene Theorien aufstellen (z.B. ab wann der Mensch über ein episodisches Gedächtnis verfügt), mit Erkenntnissen der anderen Wissenschaften abgleichen und reflektieren. Dabei lernen sie auch biblische Inhalte kritisch zu hinterfragen (z.B. ab wann von einem Monotheismus zu sprechen ist) und einzuordnen. In der gemeinsamen Besprechung kann die Lehrkraft noch auf die Bedeutung der letzten Epoche („Achsenzeit“) hinweisen.2 Da der hier beschriebene Arbeitsschritt sehr zeitintensiv ist, sollte den SuS jeweils nur eine Positionskarte an die Hand gegeben werden. Sollten aufgrund einer kleineren Lerngruppe nicht alle Positionskarten benötigt werden, ist bei der Auswahl der Karten auf eine ungefähre Gleichverteilung der Wissenschaften (und Epochen) zu achten. In M 2.06 finden sich mögliche, aber nicht zwingende Zuordnungsvorschläge. Um Zeit zu sparen, kann man auch zwei SuS zusammen nur eine Positionskarte geben.

Metakognition:

Im UG wird die Anfangsfrage wieder aufgenommen:

  • Wie könnte man aus Sicht der Wissenschaften das Phänomen Religion definieren?
  • Sind mit der wissenschaftlichen Betrachtungsbrille/ mit dem „Bilderrahmen“ der Wissenschaften Religion und ihre Entstehungsgründe vollständig charakterisiert?

Die SuS können darauf verweisen, dass

  • Religion eigentlich nur funktional/ unter dem Nutzenaspekt beschrieben wurde, Religion aber mehr ist;
  • dabei die Existenz Gottes ganz ausgeblendet wird – es handelt sich hier um eine rein innerweltliche Betrachtung von Religion.

Alternative Erarbeitung: Arbeiten „als Wissenschaftler“

Gruppenteiliges Erarbeiten mit Hilfe von Quellen: Was kann die jeweilige Wissenschaft zur Frage nach dem Nutzen und der Entstehung von Religion beitragen?

  1. Archäologie (z. B. Arbeitsblatt mit Bildern von Funden): Die SuS sollen selbst erschließen, welche Bedeutung die Funde im Hinblick auf das Vorhandensein von Religion haben könnten.
  2. Evolutionsbiologie (z.B. Statistiken mit Geburtenraten + Lebensberichte): Welche Vorteile könnte das Phänomen „Religion“ einer Gruppe bieten – im Vergleich zu einer nicht religiösen Gruppe? (z.B. weniger Scheidungen und weniger psychische Krankheiten)
  3. Psychologie (z.B. Persingers Helm und Begleittext): Wie wirkt sich eine Gotteserfahrung auf unser Gehirn aus? (Gotteserfahrung lässt sich nicht künstlich hervorrufen – aber das Gehirn weist bei spiritueller Erfahrung eine ähnliche Aktivität wie beim Drogenkonsum auf.)

 

1 Ggf. kann in der anschließenden Besprechungsphase auf die Metapher der „Bilderrahmen“ (Verwendung aus der UE Schöpfung (Klasse 6) und Wunder (Klasse 7) als Betrachtungshilfe für komplementäre Sachverhalte hingewiesen werden (s.u.).

2 Achsenzeit: Die Zeit zwischen 900-200 v. Chr. wird von manchen Wissenschaftlern als „Achsenzeit“ bezeichnet, weil sich in diesem Zeitraum die religiös-kulturelle Welt in ungeahntem Maße verwandelt hat. In dieser Phase werden die kriegerischen Götter droben im Himmel durch die Suche nach individueller Erleuchtung und innerer Weltenüberschreitung abgelöst. Jesus und Mohammed sind unmittelbar in die Wirkungsgeschichte dieser Phase eingebunden und verlängern sie gewissermaßen in weitere Zeitepochen. Vom Mittelmeer bis zum Fernen Osten bildeten sich religiöse und philosophische Traditionen heraus, die bis heute unser Denken beeinflussen und unsere ethischen Orientierungen weltweit steuern. In dieser Achsenzeit entwickeln sich die großen Glaubensrichtungen: der Hinduismus reformiert sich, Jainismus und Buddhismus entstehen, Taoismus und Konfuzianismus werden in China wirksam, in Griechenland orientiert sich die Philosophie an der Vernunft und der Monotheismus gewinnt im Nahen Osten beherrschende Gestalt. Mitgefühl wurde nun zu den wichtigsten Tugenden gezählt, die Erlösungsbedürftigkeit des Individuums rückte ins Zentrum.

 

„Ist Religion (un)sinnig?“: Herunterladen [docx][68 KB]

„Ist Religion (un)sinnig?“: Herunterladen [pdf][184 KB]

 

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