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Didaktische und curriculare Begründung

Das erwachende kritische Bewusstsein Jugendlicher führt, wenn die Entwicklung positiv verläuft, zu einer Zunahme an intellektueller Autonomie. Deshalb ist es auch zu begrüßen, dass Jugendliche im Übergang zwi­schen Pubertät und Adoleszenz sich kritisch mit allem beschäftigen, was ihnen als scheinbar gegeben ent­ge­gentritt. Das ist heute gar nicht mehr unbedingt die konfessionell geprägte Religion, die längst nicht mehr zum Bekenntnis einer Mehrheitsgesellschaft gehört. Man spricht daher heute nicht mehr von Einbruchstellen des Glaubens, wie das Nipkow noch getan hat, da diese Einbruchstellen einen Glauben voraussetzen, den man heute nicht mehr voraussetzen kann. Dennoch begegnet Jugendlichen Religion täglich – und dies leider sehr häufig nicht in einem positiven Kontext. In den Medien sehen sie Religion z.B. im Kontext von ungeheu­erlichen Missbrauchsvorwürfen an katholische Priester und Diakone, vor allem aber im Zusammenhang mit islamistischem Terrorismus. Kein Wunder also, dass die Vorstellungen von Jugendlichen davon, was Religion ausmacht, nicht selten ausgesprochen negativ konnotiert ist. Dies wird auch noch durch die Tatsache befördert, dass sie mehrheitlich als einzigen hermeneutischen Schlüssel ein wörtliches Schriftverständnis besitzen, das sie auch auf andere übertragen. Oder mit anderen Worten: Jugendliche denken, dass religiöse Personen mit einem wörtlichen, und damit mit einem fundamentalistischen Schriftverständnis die Bibel deuten.

Daher ist es dem Auftrag des Bildungsplans entsprechend notwendig, einen Prozess des Nachdenkens über Religion zu führen. Auf diese Weise kann deutlich gemacht werden, dass es neben den fundamentalistischen Varianten der Religionen auch Religion gibt, die befreien kann und daher kompatibel mit einem neu erworbenen kritischen Selbstbewusstsein ist. Daher be­gegnet in der Auseinandersetzung mit dem Fundamentalismus auch die existentielle Gretchenfrage: Wie hältst Du´s mit der Religion?

Darüber hinaus ist es aber auch gerade die Leitperspektive zur Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Viel­falt, die eine Beschäftigung mit dem Fundamentalismus nahelegt: Achtung und Wertschätzung von Ver­schie­denheit fördern und in eine Toleranz von Andersdenkenden zu führen, dies zumal auf der Grundlage des christlichen Menschenbilds, wie dies die Leitperspektive einfordert, hat eine Voraussetzung, die in der Leit­perspektive nicht ausgeführt wird, die aber notwendige Grundbedingung dessen ist, was Toleranz erst er­möglicht: Die Frage nach den Grenzen der Toleranz. Wann wird Religion gefährlich, wann kann man be­stimmte Erscheinungsformen von Religion nicht mehr tolerieren? Und hier kommt nun eine zweite Leit­per­spektive ins Spiel: Prävention und Gesundheitsförderung. In dem Moment, wo Religion gefährlich wird, muss es darum gehen, Jugendliche auf die Begegnung mit Formen von Religion vorzubereiten, die unfrei machen und in physische bzw. psychische Gewalt und Abhängigkeiten führen können. An dieser Stelle bezieht sich die Unterrichtssequenz auf das Projekt ACHTUNG?!, das von der Polizeidirektion Baden-Württemberg als Initiative zur Extremismusprävention entwickelt wurde. Dabei unterstreicht die vorliegende Unterrichtssequenz die religiösen Aspekte des Themas.1

Schließlich setzt hier die Begründung aus den prozessbezogenen Kompetenzen an: Jugendlichen kann man die Ambivalenz von Religion nicht verschweigen. Vielmehr gilt es, mit ihnen ambivalente Aspekte der Reli­gion und ihrer Praxis zu reflektieren, um die Türen zur Religion zumindest offenzuhalten. Die inhaltsbezogene Kompetenz bleibt recht allgemein (Ursachen und Folgen) und öffnet damit Räume, die wir in der Sequenz füllen wollen.

 

1 Vgl. dazu https://praevention.polizei-bw.de/praevention/extremismus/ .

 

Unterrichtssequenz: „Fundamentalismus: Wann wird Religion zur Gefahr?“: Herunterladen [docx][56 KB]

Unterrichtssequenz: „Fundamentalismus: Wann wird Religion zur Gefahr?“: Herunterladen [pdf][229 KB]

 

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