Zur Hauptnavigation springen [Alt]+[0] Zum Seiteninhalt springen [Alt]+[1]

Aufgabe 3

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Ergebnisse Schüler A

Aufgabe 3: Analysieren Sie M 2 und vergleichen Sie M 2 mit M 3.

Die „Erklärung von Teilnehmern am Treffen der ‚Vereinigten Linken‘ in Böhlen bei Leipzig vom 13. Oktober 1989“ aus „Wir sind das Volk. Flugschriften, Aufrufe und Texte einer deutschen Revolution“ von Charles Schüddekopf befasst sich mit dem zukünftigen Kurs der Vereinigten Linken nach den ersten Großdemonstrationen in der DDR.

Ausgangspunkt und Anlass für diesen Text sei die Tatsache, dass viele Menschen nach Ausbruch der Unruhen – in Anlehnung an Lenins berühmte Revolutionsschrift – nicht wüssten, „was nun zu tun sei“ (Z. 2). Es sei Zeit, auf „Druck“ (Z. 5) der Bevölkerung hin nun „selbst etwas zu ändern“ (Z. 6). An dieser Stelle wird ausdrücklich auf die drohende Gefahr, dass die „Enttäuschung“ (Z.12) der Menschen dazu führen könne, dass sie sich vom Sozialismus abwenden (Z.13), hingewiesen. Auch „wichtige soziale[.] Errungenschaften“ (Z. 9) seien gefährdet, wenn man nicht selbst aktiv werde.

Außerdem verweisen die Autoren auf die Sowjetunion, die man als Verbündeten (Z. 16) betrachten müsse, im Ringen um „sozialistische Demokratie, Freiheit und Volkssouveränität“ (Z. 17). Die durch Gorbatschow eingeleiteten Perestroika und Glasnost zur Demokratisierung der SU und des Ostblocks würden durch ihre Umsetzung in der DDR zudem weiter unterstützt.

Die politische Führung sei mit ihrem Kurs gescheitert (Z. 22), was zur Gründung diverser „Bürgerinitiativen“ (Z. 25) – wie etwa das „Neue Forum“ (Z. 24) – geführt habe, die ihren Kampf auf den „Kampf um das freie Wort“ (S. 24), also Meinungsfreiheit, Pressefreiheit etc., beschränken würden.

Ziel der „Vereinigten Linken“ hingegen sei, Schaden von der Bevölkerung abzuwenden (Z. 25/26) und somit – ganz dem Jargon des Klassenkampfes verhaftet – ein Kampf der „Werktätigen in Betrieben“ (Z. 28), denn sie trügen die „Hauptlast“ (Z. 29). Daher sei die Forderung der „Vereinigten Linken“ ein Zusammenschluss in den Betrieben (Z. 32), um „unabhängige[.]“ Ausschüsse und Kommissionen zu schaffen, die ihre Interessen selbst verträten, beispielsweise in Form von „Betriebsräten“ (Z. 35).

Abschließend wird an alle „Sozialisten“ (Z. 33) appelliert, zusammenzuarbeiten und Differenzen im Sinne der Rettung der DDR beizulegen. Insgesamt scheint die „Vereinigte Linke“ zwar am Konzept des Sozialismus unbedingt festhalten zu wollen, doch sie scheint auch bereit, Gorbatschows Reformen, die von der SED abgelehnt werden, umsetzen zu wollen. Ihre leichte Kritik an der Beschränktheit des Kampfes des „Neuen Forums“ zeigt allerdings auch, dass Reformen nicht zu weit gehen sollen und Betriebe und Arbeiter immer noch im Fokus sind. Angesichts des fortgeschrittenen Datums, 13. Oktober 1989, und angesichts des Ortes, Leipzig, erscheint dieses Konzept in keinerlei Relation zu den gewaltigen Montagsdemonstrationen zu stehen.

Dieses Wahlplakat der „Allianz für Deutschland“ vom März 1990 hing in Ost-Berlin und wurde im Rahmen der Wahlen und der Wiedervereinigung Deutschlands vom „Demokratischen Aufbruch“ (DA), der „Deutschen Sozialen Union“ (DSU) und der „Christlichen Demokratischen Union“ (CDU) veröffentlicht. Es handelt sich um ein Textplakat: Der Text lautet: „Nie wieder Sozialismus – Ja! – Freiheit und Wohlstand – Allianz für Deutschland – DA/DSU/CDU“.

Das „JA“ ist in den Farben Schwarz, Rot und Gold der deutschen Flagge nachempfunden. „Allianz für Deutschland“ ist in Rot gedruckt, der Rest in Schwarz. Außerdem ist alles in Druckbuchstaben geschrieben.

Dieses Plakat steht in direktem Zusammenhang mit der Grenzöffnung der DDR und der Wiedervereinigung. Die Parole „Nie wieder Sozialismus“, die ganz oben auf dem Wahlplakat zu sehen ist, steht in direktem Widerspruch zur nur fünf Monate zuvor verfassten Erklärung der „Vereinigten Linken“. Wurde dort die Abwendung vom „Weg des Sozialismus“ (Z. 13) gefürchtet und mit dem Verlust „sozialer Errungenschaften (Z. 9) in Verbindung gebracht, so erscheint auf dem Wahlplakat die Parole „Nie wieder Sozialismus“ ein Versprechen für „Freiheit und Wohlstand“ zu sein. Da dieses Plakat in Ost-Berlin zu finden war, versagte die „Vereinigte Linke“ offenbar in ihrem Bestreben, den „gescheiterten Kurs […] der politischen Führung“ (Z. 22) aufzuhalten und „Kosten“ (Z. 25) von der Bevölkerung abzuwenden.

Auffällig auf dem Wahlplakat ist das „Ja!“. Zum einen ist es größer gedruckt als der restliche Schriftzug und zum anderen in den Farben der deutschen Trikolore abgebildet. Das „Ja!“ steht in der Mitte zwischen den Schriftzügen „Nie wieder Sozialismus“ und „Freiheit und Wohlstand“, sodass unklar ist, zu was „Ja!“ gesagt werden soll. Er erinnert fast an die Suggestivfragetaktik der SED, denn zu „Freiheit und Wohlstand“ sagt niemand nein und gleichzeitig  stimmt man damit der zweiten Forderung („Nie wieder…“) automatisch zu. Die Farbgestaltung des „JA!“ macht außerdem deutlich, dass dieses auch  ein „Ja!“ zur deutschen Wiedervereinigung bedeutet.

Auch die Erklärung der „Vereinigten Linken“ bietet „sozialistische Demokratie, Freiheit und Volkssouveränität“ (Z. 16) als Lockmittel an, allerdings mit der Bedingung des Erhalts der sozialistischen Ordnung.

Des Weiteren ist auf dem Wahlplakat nicht nur eine in der DDR gegründete Gruppe der Friedens- und Protestbewegung, das „Neue Forum“, genannt, sondern auch ostdeutsche Schwesterparteien bundesdeutscher Parteien: die neugegründete DSU als „Ableger“ der CSU und die von Beginn der DDR an existierende Ost-CDU. Der „Kampf um das freie Wort“, der von der „Vereinigten Linken“ für wichtig, aber nicht entscheidend gehalten wurde, sei durch das „Neue Forum“ und „andere […] Bürgerinitiativen“ (S. 24) begonnen worden. Dass der DA nun in einer „Allianz für Deutschland“ zu finden ist, widerlegt die Einschätzung der „Vereinigten Linken“, dieser Kampf sei nicht entschieden genug.

Alles in allem haben Plakat und Erklärung also gegenteilige Ziele, Erhalt bzw. Vernichtung des Sozialismus, unterscheiden sich aber in der Art der Präsentation dieser Ziele und den Gefahren bzw. Konsequenzen, die aus dem Verfehlen eben dieser Ziele resultieren würden, kaum.

(……./ 18 VP)

zurück: Aufgabe 2

weiter: Aufgabe 4

 

Ergebnisse Schüler A: Herunterladen [docx][23 KB]