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Schülerlösungen mit Kommentar

Infobox

Diese Seite ist Teil einer Materialiensammlung zum Bildungsplan 2004: Grundlagen der Kompetenzorientierung. Bitte beachten Sie, dass der Bildungsplan fortgeschrieben wurde.

Abitur 2009

Aufgabe: Arbeiten Sie aus M 1 heraus, wie Graf Westarp die Sozialdemokraten beurteilt und welche Forderungen er daraus ableitet. (08 VP)

Textquelle

 

a) sehr gut

Graf Kuno von Westarp charakterisiert die Sozialdemokraten in seiner Reichstagsrede im Januar 1913 als eine Partei, die auf eine gewaltsame Veränderung der bestehenden politischen Verhältnisse abziele.
Graf von Westarp hält die Sozialdemokratie für wenig vertrauensvoll, da sie entgegen ihrer Behauptung eine Revolution wolle (Z. 10f.). Die Sozialdemokratie grenze sich ganz klar von den übrigen Parteien ab und eine Zusammenarbeit sei nicht möglich und auch nicht erwünscht (Z. 2ff.). Wegen der „Staatsgefährlichkeit der Sozialdemokratie“ fordert von Westarp, eine starke und eindeutige Stellung der SPD gegenüber zu beziehen. Zunächst fordert er den Reichskanzler und dessen Vertreter auf, immer daran festzuhalten, dass ein Sozialdemokrat niemals Staatsbeamter sein könne. Ein Beamtenvertrag sei unter anderem ein Treueeid an den König und ein solcher Eid sei mit der Zugehörigkeit zur SPD unvereinbar (Z. 11ff.) Dann richtet Graf von Westarp seine Forderungen an die Behörden des Reiches und der Länder: Auch die Behörden dürften in keinem Falle von diesem Grundsatz abweichen. Andernfalls, befürchtet er, könnte es der SPD gelingen, Sympathie bei der Bevölkerung und im Beamtentum zu erlangen (Z. 19ff.). Zuletzt fordert er die bürgerlichen Parteien und die Reichsgesetzgebungsfaktoren auf, „Schritte gegen die Gewaltherrschaft der Sozialdemokratie“ zu unternehmen (Z. 26). Er fordert also, gesetzlich hart gegen die Sozialdemokratie vorzugehen. Dies sei die Pflicht der bürgerlichen Parteien, denn man könne es nicht länger dulden, dass ein „Staat im Staate mit Gewaltherrschaft“ regiere (Z. 32).
Graf Kuno von Westarp beurteilt die Sozialdemokratie als etwas durchaus Negatives und die kaiserliche Ordnung Gefährdendes. Diese konservative Haltung spiegelt sich nicht nur in der Tatsache, dass er der Fraktionsvorsitzende der Deutsch-Konservativen Partei ist. Mit seiner Forderung, gesetzlich gegen die SPD vorzugehen, steht er in direkter Verbindung mit dem kaisertreuen Bismarck, der die Sozialdemokraten bereit 1878 per Gesetz massiv einschränkte.

Kommentar:
Der Text ist nach Beurteilung und Forderung strukturiert.
Die von der Aufgabenstellung geforderten Inhalte sind selbstständig und fast vollständig herausgearbeitet. Die Forderungen werden stets mit Argument begründet. Allerdings fällt die Beurteilung der Sozialdemokratie etwas knapp aus. So fehlt die Argumentation, dass eine Partei, die die Republik anstrebe, notwendigerweise zum Mittel der Gewalt greifen müsse, selbst wenn sie dies abstreite (Z. 4-10). Die wichtigen Textpassagen sind aufgenommen. Zitate sind sinnvoll ausgewählt. (Der Textbezug wird durch Belege deutlich gemacht. [Darf nach aktuellem Stand nicht Gegenstand der Bewertung sein.])
Sprachlich richtige und klare Ausdrucksweise. Korrekte Handhabung der Redewiedergabe.
Der Schüler leistet im letzten Teil der Aufgabe eine über die Aufgabenstellung hinausgehende historische Einordnung, die sein Textverständnis unterstreicht.
Einschätzung: sehr gut (14 NP) => 8 VP

 

b) befriedigend

Generell erkennt Graf Westarp eine Kluft zwischen den bürgerlichen Parteien (Konservative, Zentrum, Freisinnige) und den Sozialdemokraten (Z. 1 - 2). Die Kluft sieht er darin, dass die SPD die Republik will und nicht die Monarchie (Z. 4). Da sich der Kaiser und die Fürsten nur mit Gewalt vertreiben lassen (Z. 6 - 7), ist die SPD eine Partei der Gewalt und der Revolution (Z. 7 - 8). Die SPD wird somit als systemfeindliche Gewalt- und Revolutionspartei dargestellt.
Infolgedessen darf kein Sozialdemokrat Beamter werden. Der Eid auf die Verfassung wäre eine Lüge und führe dazu, dass der Staat untergraben werde (Z. 13 - 19). Eine weitere Folge wäre, dass es eine „grundsätzliche, scharfe und klare“ Abgrenzung gegenüber der SPD geben müsse (Z. 25). Die SPD hat sich als „Staat im Staate“ (Z. 32) erwiesen, folglich müssen erste Schritte gegen die Sozialdemokratie unternommen werden (Z. 27 - 18).

Kommentar:
Der Text ist nach Beurteilung und Forderung strukturiert.
Die von der Aufgabenstellung geforderten Inhalte sind weitgehend selbstständig und zum großen Teil herausgearbeitet. Der Schüler geht dabei sehr zielgerichtet, ohne Abschweifungen vor. Einschränkungen wären sachliche Fehler (Gleichsetzung von "Liberalen" und "Freisinnigen"), fehlende inhaltliche Punkte bzw. unvollständige Argumentation (fehlende Behauptung, die Sozialdemokraten würden bestreiten, dass sie die Revolution anstrebten; fehlende Erläuterung der Besonderheit des Beamtenverhältnisses; fehlende Begründung, weshalb ein falscher Eid, "den Staat untergraben werde"; fehlender Hinweis darauf, dass eine mangelnde Abgrenzung zur Verharmlosung der SPD bei der Bevölkerung führen könne…). (Der Textbezug wird durch Belege deutlich gemacht. Bemerkung s.o.)
Sprachliche Ungenauigkeiten bzw. schiefe Darstellung ("… ist die SPD eine Partei der Gewalt und der Revolution", "Infolgedessen darf kein Sozialdemokrat Beamter werden."), was auf inhaltliche Ungenauigkeiten und Verstöße gegen die Regeln der Redewiedergabe zurückzuführen ist.
Einschätzung: befriedigend (8 NP) => 5 VP

 

c) nicht mehr ausreichend

Graf Westarp beurteilt die Sozialdemokraten als negativ. Er meint, die Sozialdemokraten seien gewalttätig und revolutionär. Schließlich lassen sich die Ziele der Partei nur durch eben solche Mittel durchsetzen. Er bezeichnet sie außerdem indirekt als Lügner, weil sie meinen, keine Revolution anzustreben. Die Politik der Sozialdemokraten sei außerdem eine „Gewaltherrschaft“ (Z. 28).
Er bezeichnet die Sozialdemokraten auch als keine guten Staatsbeamten, oder zumindest können sie das nicht sein, weil sie dem Kaiser gegenüber nicht treu ergeben sind und keinen Gehorsam leisten. Außerdem seien die Sozialdemokraten unvereinbar mit dem Eid, den sie dem Kaiser schwören müssen. Schließlich meint er noch, sie würden mit ihren Ideen das Bewusstsein über die Gefahr der Sozialdemokratie schwächen.
Seine Haltung gegenüber den Sozialdemokraten leitet sich daraus ab, dass er Vorsitzender einer konservativen Partei ist. Graf Westarp fordert in seiner Rede den Staat und die Gesellschaft auf, eine kritischere Haltung gegenüber den Sozialdemokraten einzunehmen. Er fordert alle auf, sich auf ihre „Pflichten und Aufgaben“ (Z. 30f.) zu besinnen, was die Treue zum Kaiser bedeutet. Im Großen und Ganzen soll etwas gegen die Gewaltherrschaft der Sozialdemokraten unternommen werden. Genaue Mittel, außer der Treue zum Kaiser, erwähnt er nicht.

Kommentar:
Der Text ist nicht nach Beurteilung und Forderung strukturiert.
Die Beurteilung der Sozialdemokratie hat der Schüler grob erfasst. Auch bei den Forderungen sind einzelne Textpassagen richtig aufgenommen und erfasst. Daneben stehen inhaltliche Lücken, schiefe und falsche Aussagen (v.a. im 2. Absatz). Insbesondere wird die Kernforderung Westarps nicht oder nur sehr bedingt verstanden, was sich im letzten Satz der Schülerlösung nochmals deutlich zeigt. Die politische Einordnung Westarps ist positiv zu werten. (Der Textbezug wird nur bei den beiden Zitaten durch Belege deutlich gemacht. Bemerkung s.o.)
Die Sprache beeinträchtigt nicht die Verständlichkeit. Unklarheiten sind auf das inhaltliche Unverständnis zurückzuführen. Die Regeln der Redewiedergabe werden nicht eingehalten.
Einschätzung: nicht mehr ausreichend (3/4 NP) => 3 VP

 

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